Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: C. Dinkel und I. Karle

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Predigtreihe in der Evangelischen Schlosskirche der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn zum Thema "Weltmeisterschaft", 2006
„Endspiel“ (Matth. 25, 31 – 46) - 9. Juli 2006
Reinhard Schmidt-Rost
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Einleitung des Gottesdienstes

Liebe Gemeinde!
Ein Ende weist über sich hinaus.
Aber selten sieht man dem Ende seine Bedeutung für die Zukunft an, wenn denn ein Ende eine Zukunft hat.
Das Ende des Sommersemesters 2006 steht bevor, aber noch ist eine anstrengende Prüfungswoche mit mancher Anforderung zu bewältigen. Krönende Höhepunkte zeichnen sich ab, und so ist auch dieser Semesterabschlussgottesdienst eher der Auftakt für eine wichtige, wenn auch kurze, fünftägige Arbeitsphase als das Ende des Semesters an sich und im eigentlichen Sinn.

Beim Fußball kann man sich sogar trösten und sagen: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel; ein solches Spiel ist derartig formal, ja regelrecht inhaltslos, dass in der Erinnerung nur die Sieger bleiben – und auch deren Ruhm verblasst – und in vier Jahren heißt es in Südafrika: Auf ein Neues, neues Spiel – neues Glück.

Was aber in diesem Sommersemester in der Bonner Universität an ganz und gar einmaligen gedacht, gesagt oder getan worden, darüber können wir nur Vermutungen haben – und hoffen, daß die Früchte unserer Gedanken-Arbeit einigen Menschen zum Segen werden dürfen.

Manches aber geht in der kommenden Woche oder in diesem Sommersemester definitiv zu Ende und schafft einschneidende Veränderungen: Kandidaten erreichen ihren Abschluß und lassen sich feiern, wie gestern geschehen; Kolleginnen oder Kollegen erreichen die Altersgrenze und halten ihre Abschiedsvorlesungen, werden gewürdigt und bedankt, und in den Ruhestand entlassen, der bei akademisch Tätigen natürlich kein Rückzug vom Denken bedeutet, und doch ist es eine Veränderung.

Mancher auch verlässt die Universität, weil er die Studiengebühren nicht mehr tragen kann.
Bilanz und Erfolg werden abgewogen,
Erleichterung tritt neben Bitterkeit,
Stolz steht neben Verzweiflung …
.. vielleicht ist auch manche persönliche Bindung zu Ende, in die Brüche, gegangen, hat sich aufgelöst …

Der christliche Glaube kümmert sich um das Ende, um das persönliche Ende jedes einzelnen und um das Ende der Welt; und er legt alles, das Schicksal der Erde und der Welt in Gottes Hand. So wollen wir es auch heute tun – und um Gottes Gnade und seinen Segen bitten für alles, was in unserem Leben zu Ende gekommen ist, dass die strahlenden Abschlüsse, die ruhige Abschiede, wie die traurigen Abbrüche von Gottes Güte getragen sein mögen.

Lieder: 681 (Rhein. Regionalteil: Gelobt sei Deine Treu) –
503, 1-3+8 – 503, 13-15 – 461


Predigt am 9. Juli 2006
zum Abschluß der Akademischen Predigtreihe ‚Weltmeisterschaft’
im Sommersemester 2006
über Matth. 25, 31 – 46

Endspiel


Liebe Gemeinde,
viele Sportfeste enden mit einer fröhlichen Feier aller Beteiligten. Das Fußball-Sportfest der vergangenen Wochen in Deutschland aber findet heute abend ein einsames Ende; von den beteiligten Sportlern sind nur noch die Sieger zu Gast bei ihren Freunden, zwei Sieger – und zum Schluß ein Sieger und ein Verlierer.

K.o.-System heißt dieses Arrangement im Sport, es stammt aus dem Boxsport, wo der Unterliegende schlussendlich ausgeknockt wird; K.o.- Schlagen, eine Form der Auseinandersetzung, die an die frühesten Zeiten der Entwicklungsgeschichte der Menschheit erinnert, aus der Tierwelt herüber gewachsen in die Frühzeit der Kultur der Menschen: Kampf der Platzhirsche. Die Ordnung wird vom Stärksten diktiert.

Hieß es unter Tieren Bulle gegen Bulle, Leitwolf gegen Leitwolf, so kämpfte der Mensch als er ins Leben der Welt trat gegen die Bestie, gegen Wolf oder Löwe oder Bär. Nicht von ungefähr sind viele der frühen Gegner der Jäger- und Sammler-Menschen in die Geschichte eingegangen, als Wappentiere von Fürstenhäusern.

Mann gegen Tier, Mann gegen Mann, Rivalen im Duell, - eine uralte Konstellation der Menschheitsgeschichte, Kain gegen Abel, Jacob gegen Esau, so schlicht wie wirkungsvoll zur Ordnung einer Gesellschaft, für einige Jahrtausende.

David – gegen Goliath allerdings, das ist eine biblische Erinnerung an eine schon etwas komplexere Form des Kampfes, das stellvertretende Duell; einer kämpft für ein ganzes Heer, der Leitwolf für das Rudel, aber auch damals wohl eine ideale Form der Auseinandersetzung, damit nicht alle im Kampf umkommen.

Die Auseinandersetzung Josefs mit seinen elf Brüdern aber– man denke: elf! – war schon eine richtig moderne Denkfigur, und erst recht der Ausgang dieser Geschichte: Vergebung statt Blutrache, ein ganz edles Gewächs im Garten menschlicher Kultur: Vergebung.

Aber der Spaß an der Spannung von Duellen beherrscht die Menschen in ihrer Unterhaltung weiterhin, ob eins gegen eins oder elf gegen elf, das ist fast gleichgültig.

Auch die auf Kindergeburtstagen früher gern gespielte ‚Reise nach Jerusalem’ ist letztlich ein Duell – ein Duell mit Anlauf, bei dem die Endspielgegner aus einer Gruppenphase ermittelt werden, wo immer ein weiterer Verlierer auf der Strecke bleibt. Den Kindern macht es Spaß, weil es Spannung verspricht wie jedes domestizierte Duell, natürlich in vielen Spielfilmen genauso zu finden.

Das Duell ist von selbst anschaulich und beredt.
Der Stärkere setzt sich durch und der Stärkere diktiert das Recht. Aber diese Machtordnung ergibt keinen Fortschritt der Kultur, sie betoniert sich selbst – und wird deshalb auf Dauer brüchig, sie altert. Wo sich immer nur das Recht des Stärkeren durchsetzt, kann sich eine Gesellschaft nicht in gleicher Weise erneuern wie da, wo auf Schwächere Rücksicht genommen wird, ihre Stärken für das allgemeine Beste entdeckt werden.

Die Erzählung vom Gericht am Ende der Welt, die Matthäus als große Szene schildert, die Teilung der Herde in Schafe und Böcke, in die, die es richtig gemacht haben und die anderen, die alles falsch gemacht haben, in die Gewinner und Verlierer, sie hat etwas von einem End-Spiel an sich, der letzte Akt in einem Ausscheidungsturnier.

Das macht sie eindrucksvoll, und zugleich schauerlich und böse: Die Guten nach rechts, die Bösen nach links, ein klare Lösung am Ende, kein Elfmeterschießen, beim Abpfiff ist alles klar, so klar, dass ich mich immer weigere, diese Rede Jesus zuzuschreiben, - und die meisten Ausleger habe ich auf meiner Seite. Viele Fachleute weisen diese Inszenierung mit der scharfen Gegenüberstellung von Gut und Böse dem Evangelisten Matthäus zu, der auch an anderer Stelle gerne das K.o.- System spielt, um seine Gemeinde als die Guten von Israel, den Juden, die Christus nicht begriffen haben, dem Hauptkonkurrenten der jungen Gemeinde, abzugrenzen.

Aber Matthäus erzählt auch Geschichten, die die zweite Schicht der Geschichte stärker in den Vordergrund rücken, Geschichten, die ganz von der Güte Gottes erfüllt sind, wie die von dem aufregend gütigen Weinbergsbesitzer, von dem alle Arbeiter den gleichen Tageslohn bekommen, gleichgültig wie lange, wenn sie nur mitgearbeitet haben. (Matth. 20). Umso auffälliger ist dieser Rückfall in die harte Polarisierung in der Rede vom Weltgericht.


Liebe Gemeinde,
das Tribunal wirkt eindrucksvoll, aber es erzeugt viel Druck … es ist eine ideale Szene, aber man möchte lieber nicht hinein verwickelt sein, wer kann denn wissen, ob er oder sie zu Schafen oder Böcken gehört? So viele Menschen haben sich ein Gewissen daraus gemacht, weil sie nicht wussten, auf welche Seite sie gehören würden. Und in ihrer Sorge haben sie so manchen anderen Menschen in den Sumpf der Gewissensqualen mit hineingerissen.

Der Druck, den diese Geschichte durch die Polarisierung der Guten und Bösen erzeugt – denken Sie etwa auch, wie die Angst vor dem Ausscheiden die Fußballspieler unfrei gemacht hat – die Polarisierung der Guten und Bösen widerspricht dem Inhalt dieser Rede vollständig: Die Sorge des Christus beim Endgericht gilt den Armen, Schwachen, den Kranken und Gefangenen ... also kann diese Endabrechnung doch gerade keine Demonstration weltlicher Stärke im Sinne eines K. o.- Systems sein.

Diese Erzählung bedeutet vielmehr, daß sich an Christus die Geister scheiden werden, in alle Ewigkeit ... aber nicht so, daß ein Richter seinen Spruch in ferner Zukunft verkündigt, sondern: Es geschieht schon jetzt, schon jetzt und heute wird das Leben dadurch veredelt, daß Menschen einander Raum gönnen, aneinander Anteil nehmen, und dafür kann man sogar vom Fußballspiel etwas lernen.

Nicht nur, dass die Spielführer vor den Begegnungen programmatische Sätze gegen Rassismus verlesen, wie man sie vielleicht auf Kanzeln, aber nicht auf dem grünen Rasen eines Fußballstadions erwarten würde. Nein, eine gute Mannschaft lebt nicht von den hervorragenden Einzelkönnern, sondern von der Bereitschaft aller Mitglieder, sich einzusetzen. Noch der Ersatzmann ist eine wichtige Person, wenn er seine spielenden Kollegen freundlich unterstützt, aber vor allem das Zusammenspiel auf dem grünen Rasen zeigt, ob einer beim anderen mitdenkt oder nur an seinen eigenen Ruhm, ob man spürt, wo der andere hinlaufen könnte, ob man durch Pässe freie Räume öffnet, das Mitempfinden lässt mitten im Duell so etwas aufkommen, was man ein Duett nennen könnte.

Und das, liebe Gemeinde, ist ja die Fortentwicklung der Lebensformen, der Fortschritt, den Christus unter den Menschen weiter voran gebracht hat, auch durch seine Predigt der Werke der Barmherzigkeit, - die deutlichste, aber sicher schwierigste Weiterentwicklung der menschlichen Kultur war die von der Lebenskunst zur Liebeskunst, vom immerhin schon vergeistigten Duell der Geister zum geistig-seelisch-musikalischen Duett.

Liebe Gemeinde!
Die Weiterentwicklung der menschlichen Kultur führt, wenn es wirklich eine Verbesserung sein soll, vom Duell zum Duett: Adam und Eva sind eine stammes- und kulturgeschichtlich viel jüngere Paarung als ihre kampfeslustigen Kinder, die sich wie Platzhirsche nach alter Väter Sitte aus dem Feld schlagen, Adam und Eva werden, auch mit ihren Konflikten im Paradies und danach, geradezu als romantisches Paar gezeichnet, vielleicht nicht wie Tristan und Isolde oder gar Romeo und Julia, aber der Grund der Entwicklung für eine liebevolle Zuwendung ist gelegt.

Das Duell befriedigt durch Klarheit des Ausgangs … Das Duett aber ermöglicht ein vertieftes Erleben.
Das Duett ist kompliziert, jedes Duett ist kompliziert, aber es befriedigt und befreit durch die Erschließung neuer Räume, des Gefühls und des Geistes.

Das Duell ist älter, aber deshalb keineswegs förderungswürdiger ...
Das Duell ist älter, aber auch in der Wissenschaft wird ja nicht das Alte gefördert, sondern die Weiterentwicklung … das Alte muß schon sehr bewährt sein, um noch als Grundlage zu dienen, muß sich als erneuernd erweisen, wie es die Theologie seit Jahrhunderten auch in der Welt der Wissenschaften immer wieder nachweist.

Liebe Gemeinde!
Man könnte nun noch mancherlei über die grundlegende Bedeutung des Evangeliums reden, dass es die Menschen zum Duett verlockt, ja auch zum Terzett und Quartett, die Beziehungen kultiviert und das Leben fördert weit über die reine Reproduktivität hinaus, aber da wir nun dicht vor dem Ende stehen, die Sommerferien im Anbruch sind, so wollen wir es für heute gut sein lassen, schon gar nicht mehr auf die Verständigungsprobleme aller Duette eingehen, uns vielmehr noch an einem schönen Duett zwischen Sopran und Orgel und einer nicht minder schönen Geschichte vom Weltende erfreuen:

J.S. Bach:
Willst Du Dein Herz mir schenken,
so fang es heimlich an,
dass unser beider Denken
niemand erraten kann. …
Die Liebe muß bei beiden
Allzeit verschwiegen sein,
drum schließ die größten Freuden
in Deinem Herzen ein. (Aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach)


Liebe Gemeinde!
Was soll man nach diesen wunderschönen Tönen noch zu Gehör bringen? Eine gute Geschichte vom Weltende, wenn es noch sein darf, wie so manches Mal in letzten Stunden vor den Ferien vorgelesen wird. Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit?

Ich zitiere – nicht die Bibel – sondern Fritz Pleitgen, den Intendanten des WDR – mit einer besonders schönen Geschichte vom Weltende, die Sie sicher alle fröhlich und friedlich stimmen wird – und wenn es sie entfernt an 1001 Nacht erinnert, so haben sie auch recht:

„Ich habe mir den Jüngsten Tag immer anders vorgestellt als die Apokalyptiker und Pyromanen mit dem Radau ihrer Schreckensbilder. Vielleicht, so dachte ich, betritt der letzte Mensch am Tag der Posaune einen riesigen, leeren Saal. Nur da vorne sitzt ein uralter Greis, fast zur Mumie vertrocknet, denn im Lauf der Jahrmillionen ist er so geworden, wie ihn sich seine Geschöpfe vorstellten. Er hatte es kommen gesehen, und deshalb hatte er alles getan, die Evolution und vor allem den Menschen zu verzögern, denn der, das ahnte er, würde ihn eines Tages vernichten. Und nun ist es der letzte Tag, und vor ihm steht der letzte Missetäter. Alle anderen hat er schon hinab verwiesen, und auch diesen wird sein Urteil treffen.
Aber da wagt der Mensch ein Widerwort: „Ich könnte dir Geschichten erzählen“, sagt er.
„Oho!“ spottet der Alte, „was könntest du mir erzählen? Ich bin der Schöpfer der Welt!“
Aber da ist dann doch noch ein Rest von Neugier, oder imponiert ihm die Frechheit des Angeklagten? „Na schön“, sagt er, „erzähle! – Einen Tag sollst du Aufschub haben, - wenn du mich nicht langweilst.“ „Gut“, sagt der Mensch, „darf ich mich setzen?“
Und dann erzählt er, erst stockend, aber bald immer flüssiger, berichtet unglaubliche Geschichten aus dem verworrenen Leben der Menschen, über ihre Nöte und Freunde, ihre Hoffnungen und Verzweiflung. Er spricht von unscheinbaren Erfolgen und grandiosem Misslingen. Er spricht von der tiefen Zerrissenheit der menschlichen Seele, ihrer ausgespannten Arme zwischen dem Nichts und dem All. Er spricht von der Mühsal des Alltags, der Einsamkeit, der Unruhe und Unbeständigkeit. Er spricht von Jubel und Trauer, Verzagtheit und Tapferkeit. Und er spricht von den kleinen Triumphen über die Erdenschwere, von den Momenten der Liebe und des Geistes und des Glücks.
Mit großen Augen hört der Alte zu. „Ach“, sagt er zuweilen, und die Zeit vergeht wie im Fluge. Plötzlich unterbricht sich der Erzähler.
„Der Tag ist zu Ende. Nun muss ich wohl hinab – zu den anderen.“
Der Alte rutscht unruhig auf seinem Thron. Er ist begierig auf den Fortgang der Geschichte. So gewährt er Aufschub. – Einen Tag.
Und eine Geschichte folgt der anderen. Jede geht unmerklich aus der vorigen hervor und enthält schon den Keim der nächsten. Wie ein Strom aus unzähligen Bächen, wie ein Teppich mit unzähligen Fäden entrollt sich das Dasein der Menschen, geheimnisvoll verknüpft und verschlungen. Tausend und eine Nacht sind längst vorüber, und noch immer schwillt er an, der Strom der Gestalten, der Gesichter und Geschichten. Unergründlich ist der Abgrund des Leids und der Freude, unentwirrbar das Geflecht von Verirrung und Schuld, unerschöpflich die Kraft der liebenden Vergebung. Und Abend für Abend bricht er ab, blickt auf und sagt sein „Nun muss ich wohl hinab“. Und Abend für Abend sagt Gott „Erzähle weiter!“ Und – o Wunder – seine Gestalt belebt sich und richtet sich auf. Ein deutliches Rosa huscht über seine Wangen, die Falten glätten sich, die Augen leuchten. Gelegentlich springt er auf und macht erregte Schritte. „Ach!“ sagt er dann wieder und schüttelt ungläubig den Kopf.
Und Abend für Abend sieht er sich verlockt, verführt, gezwungen, eine Seele aus der Verdammnis zu entlassen. Jede Geschichte lässt einen der Verworfenen in einem neuen Licht erscheinen. Langsam füllt sich der Saal mit schweigenden Gestalten. Die Sucher aller Epochen tauchen auf, die Inhaber furchtbarer Irrtümer, die Feuerköpfe und Schwärmer, die Eiferer und Querköpfe, die Widersacher und Versucher. Aber auch die Kleinmütigen und Ängstlichen, die Statistiker, Lottospieler und Heftchenleser. Sie stehen da und staunen. Sie hören und schauen zu. Die Aufschneider und Lumpen, die Seitenspringer und Rechtsüberholer, die Steuerhinterzieher und schwarzen Kassierer, die Redakteure und Filmemacher, die Pressesprecher und Dolmetscher. Sogar Bischöfe und Präsides stehen wieder da und geben sich verstohlen ein Zeichen des Friedens.
Nach tausend und abertausend Jahren schließlich schweigt der Erzähler.
„Was ist?“, fragt Gott, denn es ist noch nicht Abend.
„Nichts ist“, sagt er, „das war’s. – Mehr weiß ich nicht. Nun kannst du mich zur Hölle schicken.“

Gott sieht ihn lange schweigend an.
„Wozu?“ sagt er dann. „Die Hölle ist leer!“ Da brandet ringsum gewaltiger Jubel auf. Die Seelen fallen sich selig in die Arme. Sie singen, schreien und tanzen. Die Portale des Saales springen auf. „Ruach“, die Geistin, stürmt herein und bringt die Frisuren durcheinander. Feuerzungen senken sich aus der Höhe. Der riesige Bau erbebt. Die Erzengel müssen einschreiten, um für ein Minimum an Ordnung zu sorgen. Nur langsam gelingt es den himmlischen Heerscharen, sich zu Chören aufzustellen. Johann Sebastian Bach eilt an die Orgel. Anton Bruckner verteilt die Noten. Mozart gibt den Einsatz, und Beethoven zückt sein Hörrohr, und dann singen sie das „Te Deum“ des Meisters von St. Florian, in strahlendem C-Dur.
Gott breitet segnend die Arme aus. „Die Partitur hat er mir gewidmet!“ sagt er zu Sophia, die hinter ihm steht. Sie lächelt weise.
Männer sind ja so leicht glücklich zu machen.“ (Zitat-Ende)

Liebe Gemeinde!
ein besseres Ende für die Menschheit weiß ich gewiß auch nicht, weder heute, am Ende des großen Sportfests, noch für alle Zeit, ein besseres Ende als dass sich Gott für die Geschichten der Menschen interessiert, mit seinen Geschöpfen leidet und sie auf diese Weise aus aller ihrer Schuld befreit, durch geduldiges Zuhören, Tag für Tag, ... ein besseres Ende weiß ich nicht, als daß die himmlischen Heerscharen zum Lobe Gottes sich vereinigen, deshalb habe ich Ihnen diese Geschichte zum ‚Guten Schluss’ vorgelesen - vor den großen Ferien, daß Sie an diesem guten Ende teilhaben!

Gott segne diese zuversichtliche Aussicht auf das Ende der Welt, dass sie Ihre Herzen und Sinne stärke, wo immer Sie unterwegs sind. Amen.

Universitätsprediger Prof. Dr. Reinhard Schmidt-Rost
r.schmidt-rost@ev-theol.uni-bonn.de

 


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