Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, J. Neukirch, C. Dinkel, I. Karle

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Predigtreihe zum Vater Unser, Oktober 2006
Dein Reich komme
Theologisch-hymnologische Informationen zu Liedern der Predigtreihe
Alexander Völker
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


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Dein Reich komme

Luther legt in seiner Strophe Wert darauf, dass Gottes Reich sowohl gegenwärtig ist wie auch zukünftig sein wird (3,1f.). Es ist Gottes, seines Geistes Sache, dieses Reich heraufzuführen (zu wohne bei vgl. Röm. 8,9ff. u.ö., auch EG 138; zu Gaben mancherlei 1 Kor 12,4ff.). Eine in evangelischer Theologie und Frömmigkeit häufig zu beobachtende Ausblendung der pneumatischen Dimension (Im Augsburger Bekenntnis wird dem Heiligen Geist kein eigener Artikel zuerkannt) ist hier nicht zu beklagen: Dem Lied liegt alles daran, dass Gottes Reich eben nicht durch eine menschliche Glaubensanstrengung, sondern durch das Wirken des Geistes zustande kommt. Die zweite Vaterunserbitte spitzt sich zum Schluss zeitgemäß, aktualisiert zu, auch von widergöttlichen Mächten muss jetzt die Rede sein: des Satans Zorn und groß Gewalt/ zerbrich (Alliteration auf z und g). Die positive Bitte 3,6 (Kirch, Einzahl!) zeigt aufs beste, wie der Reformator im Lied das Glaubensbekenntnis (Dritter Artikel) auslegt.

Sonne der Gerechtigkeit (EG 262/263), ein aus recht unterschiedlichen Quellen evangelischen Glaubens komponiertes, ökumenisch qualifiziertes und in der Gemeinde längst eingesungenes Lied, könnte ein brauchbares Äquivalent zur Vaterunserbitte Dein Reich komme sein. Das Bildwort von der aufgehenden Sonne (Mal 3,20), ein Christussymbol, das den Gesang von Anfang bis zur Herrlichkeit am Ende (6,1ff.; 7,1f.) durchstrahlt, wechselt vom österlichen Weckruf (Off. 3,1f.; 2,1f.) hin zu den offenen Türen (Offb. 3,8; 4,1ff.) bzw. zur kleinen Kraft (Offb. 3,8; 6,3). Zentral die Gebetszeilen deines Himmelreiches Lauf hemme keine List noch Macht (4,2f.): Gilt es doch für die Christenheit, wach wahrzunehmen, an welchen Stellen die Welt (1,4) und sie selbst das Kommen des Gottesreichs blockiert. Eine weiträumig angelegte, rhythmisch gut gegliederte, einladende Melodie mag das endzeitlich ausgespannte Hoffen und Beten der Kirche auf ihre Weise illustrieren.

Lass uns den Weg der Gerechtigkeit geh’n, ein Lied spanischer Herkunft, setzte sich in den letzten Jahrzehnten als Hoffnungsgesang für eine bessere Gerechtigkeit auf dieser Erde in überaus vielen Gruppen und Kreisen der Kirche durch (EG Hessen 640; Rheinland/Westfalen/Lippe 675, Württemberg 658). Am besten setze man ein mit dem refrainartigen Doppelsatz, der alle Strophe einleitet: Laß uns den Weg der Gerechtigkeit geh’n, dein Reich komme, Herr, dein Reich komme! In einem doppelt abwärts geführten Dreiertakt lässt sich dies unschwer nachsingen – schon hat man auch das Strophe-Ende damit (so dass die zweite Vaterunserbitte insgesamt 12mal erklingt!).Die Bearbeiter haben aus dem Anunciaremos des Orig.(in allen 3 Strophe „Ausrufen“ des Gottesreichs) den Weg der Gerechtigkeit gemacht, der zu gehen ist; gleichwohl werden als Kennzeichen des Reiches Klarheit und Frieden, Wahrheit und Recht (Strophe1), danach Licht und Liebe (Strophe2) genannt. Erst Strophe3 Wege durch Lied und Entbehrung führen zu dir in dein Reich teilt etwas vom immer aktuellen Hintergrund eines solchen Singens mit.

Alexander Völker
asvoelker@teleos-web.de


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