Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, J. Neukirch, C. Dinkel, I. Karle

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Predigtreihe zum Vater Unser, Oktober 2006
"Geheiligt werde dein Name", Juraj Bandy
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


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1. Bitte
Geheiligt werde dein Name

Es kommt häufig vor, dass wir über solche Worte und Redewendungen, die wir zu oft gebrauchen, nicht nachdenken. Dieser Gefahr ist auch das Gebet des Herrn, das Vaterunser ausgesetzt. Wir beten es oft, aber über seine Worte denken wir nicht nach. Deswegen ist es von Zeit zur Zeit nötig über den Inhalt der einzelnen Bitten tiefer zu überlegen, obwohl wir denken, dass uns alles klar und bekannt ist.

„Geheiligt werde dein Name“ – das ist der Wortlaut der ersten Bitte des Vaterunsers. Wenn wir diese Bitte nicht gedankenlos aussprechen sollen, wollen wir darüber überlegen

  1. was für einen Namen Gott hat,
  2. was die Heiligkeit ist,
  3. warum Gottes Name geheiligt werden soll.

Ad 1.Was lautet der Name Gottes? Er heißt doch Gott, könnten wir diese Frage beantworten. So einfach ist es aber nicht. „Gott“ ist nämlich eine allgemeine Bezeichnung ebenso wie das Wort Mensch. Das Wort Gott ist eigentlich kein Name, sondern eine allgemeine Bezeichnung eines himmlischen Wesens. Unser Gott hat aber auch einen konkreten Namen.

Was bedeutet es, dass Gott einen Namen hat? Es bedeutet, dass er keine Idee, kein Prinzip, nichts Unpersönliches ist, sondern er ist eine Person. Gott ist eine Person. Deswegen hat er auch einen Namen. Gott ist eine Person, mit welcher wir in einer personalen Beziehung stehen können.

Der Mensch von heute hat viel mit entpersönlichten Organisationen und Institutionen zu tun. Gott ist keine unpersönliche oder entpersönlichte himmlische Institution; sondern eine Person, die einen Namen hat und mit welcher wir in einer persönlichen Beziehung sein können. Gott ist nicht der Namenlose oder der Allgemeinste, sondern der Einzigartige.

Die Menschen des Alten Testaments haben öfters nach dem Namen Gottes gefragt. Die erste Frage nach dem Namen Gottes hat der Patriarch Jakob gestellt (1.M 32, 30). Nach dem Namen Gottes hat auch Simsons Vater Manoach gefragt (Ri 13, 1). In beiden Fällen war die Antwort Gottes, bzw. des Engels ausweichend.

Dann war es Mose, der nach dem Namen Gottes gefragt hat. Wenn er den Auftrag, das Volk Gottes aus Ägypten auszuführen, erhalten hat, hat er gesagt: „Wenn ich zu den Kindern Israel komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt! Und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name? was soll ich ihnen sagen?“ (2M 3, 13). Er hat auf seine Frage auch eine ausweichende Antwort erhalten: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ (2M 3, 14). Erst später hat ihm Gott seinen Namen Jahwe offenbart. Jahwe ist der häufigste Name Gottes in der Heiligen Schrift. Dieser Name kommt fast siebentausendmal vor.

In dem Alten Testament befinden sich auch andere Namen und Bezeichnungen Gottes. Die häufigsten sind: der Allmächtige (Schaddaj), der Höchste (Eljon) und König (Melek). Über Gott als von dem Vater spricht das Alte Testament sehr wenig. Direkt ist Gott als Vater nur im Jesajabuch angeredet: „Bist du doch unser Vater...(Jes 63, 16). Dann ist es der Prophet Maleachi, der im Gottes Auftrag fragt: „Bin ich nun Vater, wo ist meine Ehre?“ (Mal 1, 6).

Den Gott als Vater hat Jesus Christus völlig offenbar gemacht. Er ermutigt uns, dass wir ihn als himmlischen Vater ansprechen sollen. Deswegen können wir ihn als Vater ansprechen, weil wir durch Jesus Christus die Kindschaft Gottes empfangen haben. Wir dürfen Gott als „Abba, lieber Vater!“ (Gal. 4, 5 – 6) ansprechen. Für uns ist dieser Name der wichtigste, mit dem wir Gott anreden dürfen. Wir können wie die kleinen Kinder sein, für die der Vater zuerst nur einfach Papa ist, und erst später erfahren sie, dass ihr Vater auch einen Vornamen und einen Familiennamen hat. Aber auch dann, wenn die Kinder wissen, dass ihr Vater Hans Schmidt oder Josef Schneider heisst, für sie ist und bleibt er vor allem Papa.

Für uns Christen ist Gott vor allem Vater, himmlischer Vater. Das ist sein wichtigster Name. Dieser Name soll geheiligt werden.

Ad 2. Was ist die Heiligkeit? Was bedeutet heilig zu sein? Was bedeutet es, dass Gott heilig ist? Gottes Heiligkeit zeigt sich in seiner Macht und Majestät, die alle menschliche Dimensionen sprengen. Die Heiligkeit ist die innerste, verborgene, aber trotzdem über allem stehende Eigenschaft.

Was folgt daraus, dass Gott heilig ist? Gott, der heilig ist, duldet keine Sünde. Sein Zorn richtet sich gegen die Sünden - auch gegen die Sünden, bzw. vor allem gegen die Sünden des eigenen Volkes.

Gott, der heilig ist und keine Sünde duldet, fordert Recht und Gerechtigkeit. Das Tun des Rechts und der Gerechtigkeit ist die einzige richtige Antwort des Menschen auf die Heiligkeit Gottes. Dort, wo anstatt des Rechts und der Gerechtigkeit Rechtsbruch und Schlechtigkeit entsteht, folgt Gottes Gericht (Jes 5, 7).

Den heiligen Gott sollen wir ernst nehmen. Gott lässt sich nicht spotten (Gal. 6, 7). Gottes Heiligkeit drückt auf der einen Seite seine Majestät aus, vor der man Respekt und Furcht haben muss, aber auf der anderen Seite bedeutet es Gottes Zuneigung zu uns, zu unserer Rettung. Gottes Heiligkeit ist nicht nur Furcht erregende Heiligkeit, sondern auch rettende, helfende und erlösende Heiligkeit.

Gottes Heiligkeit soll uns auf der einer zur Sündenerkenntnis führen, aber auf der anderen Seite soll sie uns zur gerechten Handlung aktivieren.

Ad 3. Wenn Gott heilig ist und sein Namen heilig ist, warum sollen wir für die Heiligung des Namen Gottes beten? Was bedeutet die Heiligung des Namen Gottes?

Dem alttestamentlichen Volk Gottes hat Gott nicht nur seinen Namen bekannt gemacht, sondern auch die Aufgabe der Heiligung seines Namens aufgegeben. Im negativen Sinne des Wortes bedeutet es, damit Gottes Name nicht missbraucht werde und außer dem Kult gebraucht werde. Das zweite Gebot verbietet gerade dieses.

Im positiven Sinne des Wortes bedeutet die Heiligung des Namen Gottes den Gebrauch von diesem Namen in den Gebeten, bei den Opfern und bei den Segnungen.

Die Heiligung des Namen Gottes bedeutete für das alttestamentliche Gottesvolk auch die Anerkennung der Ausschließlichkeit Gottes. Dort, wo auch ein anderer Gott angebetet wurde, wurde Gottes Name entheiligt.

Die Heiligung des Namen Gottes wurde für das alttestamentliche Volk in dem Gebot „ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ (3.M 19, 2) ausgedrückt.

Während für das alttestamentliche Volk das negativ formulierte Gebot „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ (2. M 20, 7) galt, gilt für das neutestamentliche Volk Gottes das positiv formulierte Gebot, den Namen Gottes zu heiligen.

Wie heiligt man den Namen Gottes? Martin Luther erklärt das in dem Kleinen Katechismus so: „Gottes Name ist zwar an sich selbst heilig, aber wir bitten in diesem Gebet, dass er auch bei uns heilig werde.“ Dann konkretisiert Luther seine Auslegung, dass die lautere und reine Verkündigung des Wortes Gottes und das Leben nach dem Wort Gottes die Heiligung des Namens Gottes ist. Falsche Lehre und sündhafte Lebensführung ist Entheiligung des Namens Gottes.

Ein gut erzogenes Kind macht den Eltern Freude und Ehre und ein ungehorsames Schande. Wir sind Gottes Kinder. Wenn wir gottesfürchtig leben, gereicht das nicht nur uns zur Ehre und Freude, sondern auch unserem himmlischen Vater. Leben wir so, damit der Name Gottes durch uns nicht zur Missachtung käme, sondern auch durch unsere Lebensführung geheiligt werde. Amen

Prof. Juraj Bándy, Comenius-Universität Bratislava
juraj.bandy@fevth.uniba.sk


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