Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Schulgottesdienst am Ende des Schuljahres. Juli 2003
über das Lied "Geh aus mein Herz...", verfaßt von Marlies Stähler
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)

Schulgottesdienst zum Kirchenlied „Geh aus mein Herz und suche Freud“

Vorbereitung:
Unterrichtseinheit über Lieder von Paul Gerhard im Vergleich mit Liedern, die die Schüler mitbringen (Herz, Gott oder Sommer sollten vorkommen).
Stichpunkte: Liedanalyse (emotional und kognitiv, Ethik, Gottes- und Menschenbild), Biographie der Autoren (wenn bekannt), zeitgeschichtlicher Kontext, Ort des Liedes……

Variante Sek I: Geh aus mein Herz . . im Vergleich mit einem Lied aus den gegenwärtigen Charts. Das Wort Herz muß auch dort vorkommen. Das Lied sollen die Schüler auswählen. Hier sollten zu beiden Liedern Bilder gemalt, fotografiert usw. werden.

Gut wäre es, die Bilder in die Predigt aufzunehmen und in Korrelation zum Lied zu interpretieren.

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Eltern!

Wir haben uns heute Morgen hier in der Pausenhalle versammelt, um am Ende dieses Schuljahres gemeinsam einen Gottesdienst zu feiern. Das schöne Wetter der vergangenen Wochen hat uns längst in Ferienstimmung versetzt. Meine Kinder kommen seit Wochen in den Genuss von hitzefrei.

Im Rückblick darf man wohl allgemein sagen:
Für viele war es ein anstrengendes Schuljahr. Das Lernen ist nicht immer leicht gefallen, es hat hier und da Misserfolge gegeben.
Die Lehrer sind ausgepowert und brauchen die ersehnten Ferien mindestens so nötig wie die Schüler. Der Schulalltag hat bei manchen tiefe Spuren hinterlassen und an den Kräften gezehrt. Mit anderen wiederum dürfen wir uns über gute und herausragende Leistungen freuen.

Wie dem auch sei, das Schuljahr ist abgeschlossen, im neuen Schuljahr gibt es für alle heute hier versammelten eine neue Chance.

Ihr haltet einen Liederzettel in der Hand. Darauf findet Ihr das wunderschöne Sommerlied:
Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit . . . . . . .

Dieses Lied liegt der heutigen Ansprache zugrunde. Wir wollen nun dieses Lied zusammen singen.

1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; Schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.

2. Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide.

3. Die Lerche schwingt sich in die Luft, das Täublein fliegt aus seiner Kluft und macht sich in die Wälder; die hochbegabte Nachtigall ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tals und Felder.

4. Die Glukke führt ihr Völklein aus, der Storch baut und bewohnt sein Haus, das Schwälbkein speist die Jungen, der schnelle Hirsch, das leichte Reh ist froh und kommt aus seiner Höh ins tiefe Gras gesprungen, ins tiefe Gras gesprungen.

5. Die Bächlein rauschen in dem Sand und malen sich an ihrem Rand mit schattenreichen Myrten; die Wiesen liegen hart dabei und klingen ganz vom Lustgeschrei der Schaf und ihrer Hirten.

6. Die unverdrossne Bienenschar fliegt hin und her, sucht hier und da ihr edle Honigspeise; des süßen Weinstocks starker Saft bringt täglich neue Stärk und Kraft in seinem schwachen Reise, in seinem schwachen Reise.

Es ist ein fröhliches und kraftvolles Lied, dessen Text Paul Gerhard 1653 gedichtet hat, das wunderbar den Sommer, seine Leichtigkeit und Fröhlichkeit beschreibt.
In mehreren Strophen wird hier die Natur malerisch beschrieben, die im Sommer am schönsten ist.
Bei genauerem Hinsehen haben wir hier jedoch keine Naturbeschreibung vor uns, wie sie in manchem Reiseprospekt zu finden ist, sondern wir werden ermutigt die Natur als „des großen Gottes großes Tun“ zu sehen. In dieser Funktion ist die „liebe Sommerzeit“ eine Zeit, die das Herz des Menschen in besonderem Maße füllen kann.
Damit ist aus meiner Sicht etwas anderes gemeint, als überfüllte Strände, Sonnenbaden und Grillparties. All diese Dinge machen Spaß und haben auch ihre Berechtigung.
Im Lied wird uns eine andere Kost angeboten.

Es geht um die Freude des Herzens, verursacht durch Gottes Gaben und sein Tun.
Herz meint herkömmlich unser Inneres. Der Kernpunkt unseres Wesens. Der Sitz der Gefühle. Geh mein Herz! Gehe dahin wo Du bekommst was dich im Kern deines Wesens erfreut! Denn was dich erfreut, macht dich stark. Für Paul Gerhard gibt es nur eine Antwort: Es sind die Gaben Gottes. Es ist die Schöpfung Gottes, die Natur: Gärten, Blumen, Bäume, Wiesen, Vögel, Bienen usw., in denen sich Gottes Tun an uns widerspiegelt. Und damit Gott selbst.

Die Welt in der wir leben scheint für den Dichter vollkommen. Dass die Welt auch ein ganz anderes Gesicht hat, wissen und erfahren wir täglich. Das wusste und erlebte auch Paul Gerhard. Er hat die meiste Zeit seines Lebens während des 30-jährigen Krieges verbrachte. Im Chaos dieser Zeit erhebt er seine Stimme und erzählt von der Schönheit der Schöpfung und seiner Kraftquelle. Darauf scheint es ihm anzukommen. Er zeigt einen Weg auf, der das Innere des Menschen nährt und den Weg in eine „bessere“ Zukunft eröffnet. In eine Zukunft ganz in Gottes Sinne.

Alle singen mitten in der Predigt die Strophen 13 und 14.

Hilf mir und segne meinen Geist / mit Segen, der vom Himmel fleußt, / dass ich dir stetig blühe; / gib dass der Sommer deiner Gnad / in meiner Seele früh und spat / viel Glaubensfrüchte ziehe, / viel Glaubensfrüchte ziehe.

Mach in mir deinem Geiste Raum, / dass ich dir wird ein großer Baum, / und laß mich Wurzeln treiben. / Verleihe, dass zu deinem Ruhm / ich deines Gartens schöne Blum / und Pflanze möge bleiben, / und Pflanze möge bleiben.

Dieses Lied konstruiert eine Art Gegenwelt zur Welt in der z. B. 10klässler und auch all die anderen Jugendlichen heute überwiegend leben. Übertragen auf diese Beispielklasse könnte das heißen:

- Die Klasse 10 sieht sich grundsätzlich in der Beziehung zu Gott. Dieser werden alle anderen Beziehungen untergeordnet.

- Die Klasse 10 bittet Gott im Gebet um seinen guten Geist und Hilfe.

- Die Klasse 10 will Früchte hervorbringen, das heißt sich gegenüber Mitschülern und Lehrern so verhalten, dass sie selbst (Klasse 10) als Christen identifizierbar werden. Das ganze Leben wird zum Gottesdienst.

- Die Klasse 10 wird Vorbild für alle anderen Klassen, indem sie Gottes Willen lebt. Der vornehmste Wille Gottes ist das Gebot der Nächstenliebe.

- Die Klasse 10 will zum Ruhme Gottes beitragen und sich einen Platz im Sommergarten erobern. So reiht sie sich ein in die Aufzählungen der einzelnen Strophen.

- Die Klasse 10 wird die Früchte ihrer Hinkehr zu Gott ernten. Sie wird zur schönen Blume der Schule werden und weiter wachsen.

Klingt gut oder?
Dem Gelächter entnehme ich, dass ich hier wohl eine „ungewöhnliche„ 10. Klasse beschrieben habe.
Ist dies wirklich ein außergewöhnliches Ansinnen für eine Klasse oder junge Menschen allgemein? Ist das ein realistischer Weg in eine erfüllte Zukunft neben Internet und Superstars?
Das Lied transportiert Wohlgefühl, Fröhlichkeit die Herz und Seele entspringen. Die Fröhlichkeit kommt von innen, so müssen die Veränderungen von innen kommen; mit Gottes Hilfe.

Eine vor einigen Jahren an einem niedersächsischen Gymnasium durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass Kinder und Eltern in geringem Maße über religiöse Themen sprechen.
Gerade in der anstehenden Ferienzeit haben Lehrer, Schüler und auch Eltern Zeit und können entspannt miteinander umgehen. Segeln, reiten, wandern und miteinander sprechen, auch über Glaubensfragen.
Dem Text zufolge sind Glaube und Handeln aus Glauben die Kraftquelle für eine positive Weltsicht. Daraus können wir Kraft schöpfen für die Bewältigung der Aufgaben in Beruf, Schule und wo auch immer wir gefordert sind.
Ich möchte euch alle ausdrücklich ermutigen, in den anstehenden Ferien die wunderschöne Natur zu genießen. Für die Christen ist sie Gottes Geschenk an uns. Wir haben in den Ferien Zeit Berge, Wälder und Strände zu genießen. Möge sich entspannt und in Ruhe ein Weg finden, der in uns Gott Raum gibt.
Auf diese Weise werden wir Blumen im Garten Gottes.
Amen (direkt im Anschluß ein Gebet).

Dr. Marlies Stähler
E-Mail: Dr.Marlies-Staehler@t-online.de

 


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