Taufe
Matthäus 3, 17
Endlich war es soweit:
Nach diversen Vorbereitungen, nach Telefonaten, Briefen und Gesprächen
mit unserem Ortspfarrer wurde unser kleiner Philipp getauft. Das war
natürlich schön und ich stand nun auf der anderen Seite, und
das war auch mal ganz heilsam. Als Gemeindepfarrer fand ich es nämlich
immer schwierig, wenn eine Familie ihr Kind unbedingt an einem bestimmten
Termin und unbedingt von einem bestimmten Pfarrer taufen lassen wollte.
Und oft wurde es gar nicht so recht verstanden, daß am besagten
Termin ihr Wunschpfarrer gar nicht zur Verfügung stand. Und wenn
dann ein anderer Termin vorschlagen wurde, ging das nicht, weil das Restaurant
schon gebucht war.
Ja, uns ging es jetzt ganz genauso, unser Wunschpfarrer konnte erst
nicht, und als er konnte, konnten wir nicht und so fort. Und bei all
dem kamen mir doch zunehmend Zweifel, ob Gott sich das so gedacht hatte?
Nur, wie hat er sich das denn gedacht? Warum hat er seinen Sohn taufen
lassen?
Wir hatten das Haus voll mit Gästen, die Spülmaschine war überlastet
und ich stand an der Spüle und wusch ab.
Und ein Satz ging mir nicht aus dem Kopf. Dieser Satz: "Du bist
mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe." Das hat Gott bei
der Taufe zu seinem Sohn Jesus Christus gesagt.
Und dann kam ich ins Grübeln. Das ist doch total schön, wenn
ein Vater seinem Sohn so etwas sagt. Und das, obwohl er kein süßes
Kleinkind mehr ist, sondern schon erwachsen ist.
Wenn wir mal überlegen: Wann hat eigentlich mein Vater mal so etwas
zu mir gesagt? Oder wann haben Sie Ihren Kindern mal zu verstehen gegeben,
daß sie durchaus stolz auf sie sind. Daß sie sie gern haben?
Ich selber sag so etwas selten, weil ich immer denke, dafür brauchts
doch einen Anlaß. Vielleicht wenn Philipp irgendwann mal freiwillig
den Abwasch übernimmt, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen,
daß das wahrscheinlich ein Wunschtraum bleibt.
Wahrscheinlich sagen wir so selten nette Worte, weil es so wenig Situationen
gibt, in denen wir auch hundertprozentig sicher sind, daß diese
Worte angebracht sind.
Andererseits - wenn wir wollten, könnten wir geeignete Situationen
sicher finden oder herbeiführen. Jeder Sohn, jede Tochter würde
sich über solche freundliche Worte freuen. Und umgekehrt geht es
uns ja nicht anders. Umgekehrt hören wir doch auch gerne freundliche
Worte. "Das war gute Arbeit" oder "Mit Dir arbeite ich
gern zusammen". Lob ist unbezahlbar.
Und wenn wir so etwas hören, dann geht bei uns ja sozusagen die Sonne
auf oder theologisch ausgedrückt: Wenn jemand uns so etwas sagt, dann
ist das so, - weiß ich nicht-als könnte man einen winzigen Blick
auf Gott werfen
oder vielleicht sogar so, als würde er sich mir persönlich einen
winzigen Moment zuwenden und lächeln.
Und solche Momente könnten ja gern öfter kommen.
"Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen."
So weit die Gedanken beim Abwasch.
Tja, und als ich dann in Vorbereitung auf heute mal im Matthäusevangelium
nachgelesen habe, habe ich gesehen, daß da gar nicht steht: "Du
bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe". Da steht vielmehr, "dies
ist mein lieber Sohn." D.h. Gott redet Jesus gar nicht direkt an,
sondern teilt dies uns Menschen in aller Öffentlichkeit mit.
So wie am letzen Sonntag.
Denn die Taufe ist kein privates Geschehen zwischen Vater und Sohn, so
wie wenn ich zu meine Sohn sagen, daß er mein allerliebster Sohn
ist.
sondern wenn Gott in der Taufe spricht, dann spricht er nicht nur zu
Jesus, sondern auch zu allen anderen, die dabei sind. Sie sollen es genauso
wissen, wie Gott zu Jesus steht. Und Gott legt sich in der Taufe fest:
Er sagt. Dies ist mein geliebter Sohn und er bleibt es auch.
Das heißt:
Ich halte zu ihm, egal was kommt. Ob er einen Unfall hat, ob er seinen
guten Ruf verliert, ob er er eines Tage mal alt und schwach wird, ob
er mir Kummer macht oder Freude: Das ist mein lieber Sohn, an dem ich
Wohlgefallen habe. Wenn einer von euch etwas gegen ihn hat dann hat er
mich zum Gegner. Das erkläre ich hiermit feierlich.
So versteh ich Gottes Worte Wort bei Jesu Taufe. Und so versteh ich
diese Worte bei jeder Taufe, auch bei der von Philipp.
Die Geschichte von der Taufe Jesu sagt mir, was in unserer Taufe geschieht
oder geschehen ist:
Wir lassen uns taufen, weil Jesus sich hat taufen lassen. Aus keinem
anderen Grund.
Wir lassen uns taufen, weil wir doch Anteil haben wollen an dem, was
Jesus zugesprochen wurde,
weil wir Anteil haben wollen an dem, was Jesus uns dann auch zugesprochen
hat: Gotteskindschaft: Du bist mein geliebter Sohn, du bist mein geliebte
Tochter. Du.
Wir alle - und der Philipp jetzt auch - können mit vollen Recht
sagen: Wir gehören dazu. Wir können mit vollem Recht sagen:
Gott war bei unserer Taufe aufmerksam dabei. Und durch die Taufe hat
er der Gemeinde, der Öffentlichkeit erklärt, daß Sie,
ich, sein Sohn, seine Tochter sind.
Und was wir bei unseren Kindern, bei unsern Eltern zwar versuchen, aber
oft genug auch nicht schaffen können, nämlich zu ihnen zu stehen,
egal, was passiert:
er bekommt es hin: Natürlich wenn wir zufrieden sind und uns auf
das Wochenende freuen, aber auch wenn es wieder Montag wird und es manchmal
schwer fällt, zur Arbeit zurückzukehren. Diesen Bonus haben
wir - in jeder Lebenslage.
Du bist mein geliebter Sohn, Du bist meine geliebte Tochter, an dir habe
ich Wohlgefallen. Das zählt.
Auch wenn Philipp in der Kirche kurz gebrüllt hat.
Amen
EG 200,1,2,4
Gebet:
Herr, unser Gott in der Taufe hast du uns gesagt: Du bist mein geliebter
Sohn, du bist meine geliebte Tochter. Das muß ich mir erstmal klarmachen..
Das muß ich mir erstmal sagen lassen.
Gib, daß ich etwas davon mitnehme zu meinen Kollegen, zur Familie
am Wochenende. Danke dafür. Amen
Pastor Rainer Müller-Brandes, Hannover
rainer.mueller-brandes@evlka.de
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