Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: C. Dinkel und I. Karle

Spenden Sie dem Förderverein Göttinger Predigten im Internet e.V.
für die Fortführung seiner Arbeit!

Konfirmation 2006
Predigt über Josua 1, 5b, verfasst von Petra Savvidis
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Vorbemerkung: Als Lesung im Konfirmationsgottesdienst Josua 1, 1-6.9. Darin die Jahreslosung Jos 1,5b. In der Predigt wird die Geschichte von Josua und dem Einzug in das gelobte Land weiter erzählt. Das Bild dafür ist der Fluss, der durchquert wird (Jos 3) und die Steine, die aufgerichtet werden zur Erinnerung und zur Vergewisserung (Jos 4). Die Konfirmandinnen und Konfirmanden hatten ihre Bibelverse auf Kieselsteine geschrieben. Diese wurden auf ein blaues Tuch gelegt, das den Fluss zeigt. Bei uns waren „der Fluss“ und die Steine zumindest für die Konfirmandinnen und Konfirmanden gut sichtbar. Zusätzlich war auf dem Liedzettel ein Bild vom Fluss mit Steinen zu sehen. So viele Steine wie zu konfirmierende Jugendliche. Sie hatten ihre Konfirmationssprüche ganz überwiegend selbst ausgesucht. In dieser Gruppe gab es mehrere Jugendliche, die schwere Verluste erlebt hatten.

Schritte wagen – getragen im Fluss des Lebens

Josua 1, 5b: Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. (Jahreslosung 2006)

Liebe Gemeinde! Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden!

Sie haben einen gemeinsamen Weg hinter sich – sie sind miteinander unterwegs gewesen und haben ein Ziel vor Augen gehabt – wie ein Versprechen: „Am Ende des langen Weges, der manchmal auch mühsam sein kann und unbequem, da wartet der Tag, an dem ihr den Lohn für eure Mühe bekommt, da wartet Freiheit, weites Land, eure Träume erfüllen sich, ihr kommt an, ihr erreicht euer Ziel.“

Der lange Weg des Gottesvolks aus Ägypten durch die Wüste hin in das gelobte Land – wir haben davon eben gehört in der Lesung – dieser lange, mühsame Weg ähnelt den Wegen, die wir heute manchmal gehen auf der Suche nach einem guten Ziel. Auch der kirchliche Unterricht ist so ein Weg, der heute ans Ziel kommt. Letztlich sind wir ein ganzes Leben lang unterwegs. Und es ist nicht immer klar, dass wir die Ziele erreichen, die wir uns gesteckt haben, oder dass all die Träume und Wünsche, die wir haben, verwirklicht werden.

Damals hatte das Volk Gottes ein klares Ziel vor Augen. Das gelobte Land sollte es sein. Auf dem Weg dorthin hatte Moses sie lange geführt. Nach seinem Tod übernahm Josua diese Aufgabe.

Er tat das nicht gern. „Bin ich wirklich gut genug? Kann ich das? Kann ich die Menschen überzeugen? Werden sie mir folgen?“ Er war voller Selbstzweifel. So wie eigentlich jeder Mensch, der vor einer wirklich großen Aufgabe steht. Nur die Selbstgerechten und Besserwisser kennen solche Zweifel nicht. Für alle anderen bedeutet eine große Herausforderung auch immer, dass ein Scheitern möglich ist.

Josua zweifelt und zögert. Und da spricht Gott zu ihm diesen Satz, der so verheißungsvoll ist und Mut macht. „Sei getrost und unverzagt. Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“

Wenn eine schwierige Aufgabe auf uns wartet, dann ist es tatsächlich wichtig, ob wir allein davor stehen oder ob wir uns darauf verlassen können, dass uns jemand zur Seite steht.

Für Josua war dieser Satz Gottes entscheidend. Er wagte es. Er ging den entscheidenden Schritt und wurde zur Leitfigur für das Volk Gottes, das unterwegs war zum gelobten Land.

„Sei getrost und unverzagt. Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“

Die Geschichte von Josua geht weiter und erzählt davon, wie Gott dieses Versprechen wahr gemacht hat und wie das Volk Israel ins gelobte Land kam. (Ich habe diese Geschichte extra ausgesucht für die Konfirmandinnen und Konfirmanden heute. Ich glaube, sie kann euch viel vom Leben erzählen und vom Glauben.)

Das Volk Israel stand am Fluss Jordan, der die Grenze bildete zwischen Wüste und gelobtem Land. Sie mussten über den Fluss kommen, irgendwie hindurch gehen. Er trennte sie von ihrem Ziel. Und da geschah noch einmal dieses Wunder, das sie schon in Ägypten, am Roten Meer erlebt hatten. Sie konnten hindurch gehen durch das Wasser. Mit sicherem Schritt und trockenen Füßen. Gott hat das Wasser wieder geteilt, zu beiden Seiten an den Ufern bildet es eine Wand, fast wie ein Schutzwall. So können alle hindurch gehen, ohne sich die Füße nass zu machen. Als ob sie getragen würden von unsichtbaren Händen, als ob sie auf unsichtbare Steine treten würden. Das kam ihnen wunderbar vor. Sie verstanden es nicht, aber sie begriffen wohl, dass Gott seine Hand im Spiel gehabt hatte.

Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung daran errichteten sie ein Denkmal aus Steinen. Sie wollten sichtbar machen, dass Gottes Kraft trägt und den Schritt sicher macht und fest.

12 Steine für die 12 Stämme Israels sammelten sie im Fluss und richteten sie auf als Denkmal. Um sich selbst und später auch ihre Kinder daran zu erinnern, dass Gott geholfen hat. Und auch, um sich zu vergewissern, dass sie weiter ihren Weg mit Gott gehen wollten.

Eine wunderbare Geschichte. Gerade für heute, finde ich. Sie beginnt mit dem Versprechen Gottes: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“ Und sie endet mit dem dankbaren Blick zurück und dem mutigen Blick voraus.

Auf dem Titelblatt des Programms für diesen Gottesdienst sehen wir einen Fluss – Fluss des Lebens können wir ihn nennen. Und wir sehen auch Steine. Die liegen am Flussufer, einige auch im Wasser, ein Stein liegt mittendrin. Wenn wir sie zählen, sind es nicht 12 wie damals, 12 Steine für die 12 Stämme Israels. Bei uns sind es heute 17 Steine für 17 Konfirmandinnen und Konfirmanden.

Die Geschichte von Josua hat mit euch zu tun und mit eurem Leben. Vor euch liegt das gelobte Land, das ganze Leben, die Zukunft, die Freiheit. Ob ihr alles erreicht, was ihr euch vornehmt, weißt ich nicht. Manches bleibt vielleicht ein Traum. Aber es wäre schon schön, wenn ihr immer spürt, dass ihr auf dem richtigen Weg seid, dass die Richtung stimmt, dass ihr euch auf das Ziel freut. Vertraut euch diesem Fluss des Lebens an, lasst euch treiben und mitreißen. In guten Zeiten kann das Leben ein munter plätschernder Fluss sein. Oft allerdings (das wissen die Erwachsenen ganz gut) dümpelt der Alltag auch träge dahin. Beides gehört dazu. Und manche von euch haben schon erlebt, dass das Leben bedroht und bedrohlich ist, wenn es zum wilden Wasser wird, mit sich reißt, was wir gern behalten hätten und den Boden unten den Füßen wegzieht.

Was trägt dann? Was hält uns fest? Was gibt uns Hoffnung und Perspektive? Wo sind die Steine, mit denen wir trockenen Fußes und sicher durch den Strom unseres Lebens gehen können?

17 Steine für 17 Jugendliche, die konfirmiert werden.

Hier vorn, nicht für alle, aber für euch als die wichtigsten Personen sichtbar, fließt ein Fluss. Blaues Wasser. In den hinein sind Steine gelegt, für jeden Jugendlichen einer. Es sind die Kieselsteine, die ihr selbst beschriftet habt mit eurem Konfirmationsspruch.

Ihr habt die Bibelverse weitgehend selbst ausgesucht. Sie erzählen vom Vertrauen auf Gott, von der Hoffnung und der Liebe, die stärker sind als alles andere. Sie erzählen von der Kraft des Guten und der Wahrheit, vom Segen und vom Schutz Gottes und davon, dass Gott unsere Angst kennt und sie überwinden will. Von der Freude reden sie und vom Trost, der bei Gott ist.

All diese Konfirmationssprüche, alle diese Steine sollen euch versprechen, dass Gott begleitet, dass er da ist, dass er hilft, dass er Halt gibt, dass auf ihn Verlass ist, gerade dann, wenn das Leben zum reißenden Strom wird.

In den Evangelien wird einmal erzählt, dass Jesus über das Wasser ging, am See Genezareth, ein Wunder war das. In einem Witz darüber wird gefragt: „Wenn Jesus das konnte, warum konnte sein bester Jünger, warum konnte Petrus das nicht auch?“ Und die Antwort: „Er wusste nicht, wo die Steine liegen.“ Dieser Witz ist pfiffig. Und er hat einen ernsten Kern.

Ich glaube nicht, dass Jesus wirklich Steine brauchte, um über das Wasser zu gehen. Ich bin aber überzeugt, dass wir alle, das jeder und jede von uns, Steine brauchen.

Wir brauchen Halt, um mit festem Schritt durch den Fluss des Lebens zu gehen. Wir brauchen Zuverlässigkeit, gerade heute, in unserer event-und fun-Gesellschaft, wir brauchen Verlässlichkeit und Verbindlichkeit. Wir brauchen lauter Steine, die uns auf Schritt und Tritt gewiss machen und Vertrauen geben. Sonst gehen wir unter.

Ich wünsche euch, dass ihr nicht untergeht. Ich habe gern mit euch gearbeitet. Ihr ward eine engagierte Konfirmandengruppe. Und ich bin gewiss, dass ihr neugierig genug seid, um dem Leben und dem Glauben auf der Spur zu bleiben. Ich wünsche euch, dass ihr Vertrauen habt ins Leben und Vertrauen in Gott. Dass ihr euch dem Fluss des Lebens anvertraut und es auskostet. Dass ihr aber auch aufmerksam bleibt und verantwortlich lebt, für andere und für euch selbst.

Rennt nicht jedem Trend hinterher, unsere Zeit ist so schnelllebig, fragt euch lieber: Wo sind meine Steine? Was gibt mir Halt? Was trägt mich? Was lässt mich mit sicherem Schritt durchs Leben gehen? Guckt nicht nur auf die kleinen funkelnden und glitzernden Steine, sie schmücken nur, sie tragen nicht. Guckt auf die großen, unscheinbaren Steine, die können tragen. Vertrauen ins Leben und Vertrauen in Gott, das sind die dicksten Steine im Fluss des Lebens.

Ich wünsche euch, dass eure Füße diese Steine immer finden, wenn sie Halt suchen.

Heute werdet ihr konfirmiert und bekräftigt, dass ihr euer Leben mit Gott leben wollt. Ihr sagt Ja zu eurer Taufe und bestätigt, dass ihr Christenmenschen seid. Bei Gott habt ihr längst einen Stein im Brett. Er hat längst Ja gesagt zu euch. Jedem und jeder einzelnen gilt seine Zusage: Sei getrost und unverzagt – ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.

Und sein Friede, der höher ist als alles, was wir begreifen, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Pfarrerin Dr. Petra Savvidis, 59514 Welver-Schwefe
savvidisp@hotmail.com


(zurück zum Seitenanfang)