Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: C. Dinkel und I. Karle

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Gründonnerstag, 13. April 2006
Predigt zu 1. Korinther 10, 16-17, verfasst von Gerda Altpeter
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


16. Der gesegnete Kelch, für den wir Dank sagen, ist das nicht die Gemeinschaft am Blute Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft am Körper Christi?
17. Denn das Brot - ein Körper sind wir vielen; denn alle haben wir an einem Brot Anteil.

Am Gründonnerstag gedenken wir Christen im Abendgottesdienst des letzten Nachtessens, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Es war das Päsachmahl, das alle Juden an diesem Tag begehen, um sich an die Befreiung ihres Volkes aus der Sklaverei Ägyptens zu erinnern. Es kommen soviele Leute zusammen, wie es braucht, um bei einem Essen ein Lamm zu verzehren. Dazu gehören bittere Kräuter und vier Gläser verschiedener Wein. Sie essen ungesäuertes Brot, die Mazzen, weil damals niemand Zeit hatte, den Teig aufgehen zu lassen. Sie gedenken gemeinsam der Befreiung aus der Sklaverei.

Gemeinschaft.

Am Gründonnerstag kommen wir Christen zusammen, um gemeinsam zu feiern. Wir essen das Brot, wir trinken den Wein, und wir gedenken an das Leiden und Sterben unseres Heilandes, mit dem er uns befreit hat von Sünde und Not.

Gemeinschaft.

Im Griechischen steht da das Wort "Koinonia". Es heisst Gemeinschaft, Gemeinschaft von Hab und Gut, oder von Land und Wald, oder von Haus und Bett, eheliche Gemeinschaft.

Gemeinschaft.

Eheliche Gemeinschaft bedeutet ein liebendes Erkennen, es ist ein sexuelles Erkennen, etwas, das zwischen Mann und Frau geschieht, wenn sie sich vereinen, denn dann erkennt einer den anderen nicht nur mit dem Verstand, sondern mit seinem ganzen Sein. So hat u.a. Gott den Jeremia erkannt mit seinem ganzen Sein als er noch ein ungeborenes Kind war. Unter demselben Bild spricht Gott von seinem Verhältnis zu Israel, zu seinem Volk, wenn er dem Profeten Hosea befiehlt, eine Ehe einzugehen, die diesem Verhältnis entspricht.

Gemeinschaft.

Wir geben einander Anteil.
Wir nehmen aneinander Anteil.

Jedes Jahr komme ich mit meinen alten Mitschülerinnen zusammen, um Gemeinschaft zu haben. Wir essen zusammen, wir reden zusammen, wir erinnnern uns an alte Zeiten oder berichten von unserem jetzigen Ergehen.

Wir besuchten eine private, evangelische Mädchenschule. Vom Kindergarten bis zum Abitur konnten wir dortbleiben. 1938 durfte es keine Privatschule mehr geben. Wir wurden in eine Staatsschule überführt. Es kamen nationalsozialistische Lehrer. Später wurde die Schule auch für Jungen geöffnet.

Im letzten Jahr erzählte eine Mitschülerin eine Geschichte, die ich noch nicht kannte. Unsere alte Direktorin wollte, dass wir rechtzeitig aufgeklärt würden. Sie fragte bei den Eltern an, ob sie damit einverstanden seien. Die Eltern lehnten es ab, dass ihr Töchter in der Schule aufgeklärt werden sollten. Also unterblieb es.

Unsere Mitschülerin berichtete nun, dass sie erst in der Hochzeitsnacht von ihrem Ehemann aufgeklärt worden war.
Und da erzählten wir anderen, dass es uns nicht anders ergangen war.

Eheliche Gemeinschaft.

Bei vielen von uns war es gut gegangen, bei einigen nicht. Erst in der ehelichen Gemeinschaft erkannten wir, wes Geistes Kind der Partner war. Verhielt er sich rücksichtsvoll gegen uns oder nahm er sich hart was er wollte. Ging er auf unsere Bedürfnisse ein oder sah er nur seine eigenen . Liebe kann soviel bedeuten. Es wäre besser von Achtung und Verstehen zu reden.

Eheliche Gemeinschaft.

Wie wichtig ist es doch, dass es da klappt.
Wie wichtig ist es aber auch, dass Gemeinschaft anderswo klappt.
Wie sieht es da bei uns Christen aus?

Jesus wollte, dass seine Nachfolger "eins seien", dass sie miteinander und füreinander leben, ihr Hab und Gut teilen, füreinander sorgen in Achtung und Liebe, ja, das wollte er. Was ist daraus geworden?

Schon früh fing es an.
Hie Paulus, - hie Petrus!

Alle müssen zuerst Juden werden ehe sie Christen werden können. - Aber nein, jeder kann sofort Christ werden.

Keiner darf Götzenopferfleisch essen. - Natürlich darf man alles essen, auch Götzenopferfleisch.

Gott zeigt sich uns als Dreiheit, Trinität. - Gott ist einer.
Jesus ist Mensch und Gott. - Jesus ist nur eines, Monophysiten.

Eine Gruppe verketzerte die andere. Im oekumenischen Rat der Kirchen gibt es mehr als 300 Kirchen. Dazu kommt die römisch-katholische Kirche und einige monophysitische Kirchen. Welch ein Chaos!

Jede Kirche lebt für sich. Jede Kirche sorgt für sich. Manche bekämpfen sich sogar. Von gegenseitiger Liebe und Fürsorge ist nicht die Rede. Wir feiern zwar im Januar die "Gebetswoche zur Einheit der Christen", wir bekräftigen einmal im Jahr unsere gegenseitige Sympathie, - und dann ist es auch schon wieder aus.

Wir feiern auch nicht gemeinsam das Abendmahl. Wir haben sogar unterschiedliche Bezeichnungen dafür, Eucharistie, Messe, Kommunion usw. Wagt es ein Pfarrer doch einmal, - wie beim oekumenischen Kirchentag in Berlin, - gemeinsam mit einem evangelischen Pfarrer zu handeln, dann verliert er seine Pfarrei. An der Basis verstehen wir uns, aber in den Chefetagen geht es eher feindlich zu.

"Koinonia", Gemeinschaft von Hab und Gut, von Haus und Bett,

Gemeinschaft.
Wo finden wir sie?

In der sogenannten Mischehe wird Gemeinschaft praktiziert. Da kommt es vor, dass gegenseitige Achtung und Verstehen das Zusammenleben prägen. Es sind Beispiele gelingenden Christenlebens. Es sind Beispiele, wie Jesus sie gewollt hat.

Als Pfarrerin von Leukerbad habe ich am Gründonnerstag ein Tischabendmahl gefeiert. Da sassen Einheimische und Touristen, Patienten der Kliniken und Schwestern beieinander und assen das Brot und tranken den Wein. Jeder gab seinem Nachbarn weiter, was er selber empfangen hatte. Wir fühlten uns verbunden. Wir nahmen Anteil aneinander und waren uns nahe. Wir fragten auch nicht danach, welcher Konfession dieser oder jene angehöre. Es genügte uns, dass wir Jesus unter uns spürten. Und wir sangen:

Aus vielen Körnern ist ein Brot geworden:
So führ auch uns, o Herr, aus allen Orten
durch deinen Geist zu einem Volk zusammen in Jesu Namen.
Wir, die wir alle essen von dem Mahle
und die wir trinken aus der heilgen Schale,
sind Christi Leib, sind seines Leibes Glieder, Schwestern und Brüder.
In einem Glauben lass uns dich erkennen,
in einer Liebe dich den Vater nennen;
eins lass uns sein wie Beeren einer Traube,
dass die Welt glaube.

Auf diese Weise ist es möglich, die Selbstverpflichtung der "Charta Oecumenica" zu verwirklichen. Unterschrieben worden ist diese Charta von vielen Kirchen, evangelischen, orthodoxen und römisch katholischen. Es heisst dort in der ersten Selbstverpflichtung:

"Wir verpflichten uns, der apostolischen Mahnung des Epheserbriefes zu folgen und uns beharrlich um ein gemeinsames Verständnis der Heilsbotschaft Christi im Evangelium zu bemühen; in der Kraft des Heiligen Geistes auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi in dem einen Glauben hinzuwirken, die ihren Ausdruck in der gegenseitigen anerkannten Taufe und in der eucharistischen Gemeinschaft findet sowie im gemeinsamen Zeugnis und Dienst."

Möge uns Gott leiten, dass wir zu einer Verwirklichung dieser Einheit finden. Mögen wir Freude daran finden, gemeinsam zu handeln und zu feiern. Mögen wir Ideen entwickeln, zusammen zu Jesus zu kommen, Im Lied, im Gebet und im Hören auf sein Wort.

Amen.

Gerda Altpeter
gerda.altpeter@bluewin.ch


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