Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach

März 2005
Predigt zur Konfirmation mit Taufe über 1. Mose 32, 23-31
Anne Töpfer
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Liebe Täuflinge und Konfirmanden,
liebe Gemeinde!

Manchmal konnte ich mir nur die Haare raufen … oder völlig ratlos den Kopf schütteln … wir hatten es nicht leicht miteinander … ihr nicht mit mir und ich nicht mit euch!

Die Pfarrestunden glichen manchmal mehr einem Kampf als einem Unterricht … wer wird heute als Sieger hervorgehen, habe ich mich schon mal gefragt.

Deshalb habe ich auch die Geschichte aus der Lesung für den Abschluss eures Unterrichts (der der Beginn eures erwachsen gewordenen Lebens mit Gott ist) ausgesucht.

Ne komische Geschichte habt ihr vielleicht gedacht. Habt ihr sie noch im Ohr?
Sie handelt von Jakob, dem Bruder von Esau.
Bevor es zu unserer Geschichte kommt, ist schon einiges passiert.

Erst haut Jakob seinen Bruder Esau übers Ohr. Für ein Linsengericht luchst er ihm das Erstgeburtsrecht ab. Er sucht seinen Vorteil – auch in finanzieller Hinsicht. So wird er zum Haupterben seines Vaters Isaak. Aber den muss er auch noch betuppen.
Aber dann wird’s ihm doch zu brenzlig … er hat wohl gemerkt, so wirklich gut war das nicht, was er getan hat. Was nützt der finanzielle und der materielle Vorteil, wenn alle tragenden Beziehungen zur Familie dadurch in die Brüche gehen; wenn er am Ende fliehen muss, weil er um sein Leben fürchtet?

Dann wird Jakob übers Ohr gehauen. Als er sich verliebt und heiraten will, bekommt er die ältere Schwester untergeschoben. Anstatt neben seiner geliebten Rahel wacht er an der Seite von Lea auf. Dumm gelaufen!

Aber es kommt der Zeitpunkt, da will er doch zurück in seine vertraute Umgebung. Er will sich mit seinem Bruder versöhnen … aber was wird ihn da erwarten … wie wird Esau ihn empfangen, wenn überhaupt?

Ein wenig mulmig ist ihm schon und so will er ihn mit Geschenken für sich einnehmen … man könnte auch sagen, er will sich einen friedlichen Empfang „erkaufen“.
Also mal ehrlich – so ein tolles Vorbild ist dieser Jakob wirklich nicht!
Aber vielleicht ist er uns gerade deshalb so ähnlich. Mir ist er jedenfalls sympathisch, weil er alles andere als perfekt ist und alles andere als ein so genannter guter Mensch, wie manchmal Leute von sich sagen, um damit auszudrücken, dass sie ein gutes Leben führen und niemanden übervorteilen … da werde ich immer etwas skeptisch … ich jedenfalls bin genauso wenig perfekt wie Jakob es war.

Jakob jedenfalls hat alles gut überlegt … doch dann kommt noch unsere heutige Geschichte dazwischen.
Es gibt diese eine Zeit, in der er allein ist. Es ist Nacht.
Genau da geschieht es. Ein Mann kämpft mit ihm. Wer er ist – wissen wir nicht.
Jakob ist der Stärkere – er gewinnt. Aber er geht nicht ohne Blessuren aus diesem Kampf hervor.

Jakob merkt, allein mit meinem Sieg kann dieser Kampf nicht zu Ende gehen. Ich brauche etwas von meinem Gegner. Etwas das nicht mit Geld und Cleverness zu erlangen ist. Ich brauche etwas, das ich mir selbst nicht geben kann, das ich nur geschenkt bekommen kann. Etwas, was mich begleitet auf dem schweren Weg, der vor mir liegt.

Denn ich weiß ja noch gar nicht, was mich erwartet. Was ich noch durchstehen muss. Ich brauche den Segen der Beziehungen heilt.
Was weiß ich denn, welche Kämpfe mir noch bevorstehen?

Jakob zwingt seinem Gegner, ihn zu segnen.
Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!

Auch am Ende eurer Unterrichtszeit steht nach dem Kampf der Segen – natürlich nicht mein Segen – und nicht nur die Geschenke und das Geld … das gibt es als Zugabe, die manchmal viel zu sehr vom Eigentlichen ablenkt.
Gewiss der Stundenlohn (umgerechnet auf jede Pfarrestunde) wird bei manchen von euch sehr hoch sein. Vermutlich werdet ihr in eurer späteren Berufstätigkeit, die ich euch von Herzen wünsche, nie wieder soviel Geld pro Stunde erhalten.

Ihr werdet euch einiges davon leisten können. Euch Wünsche erfüllen, shoppen gehen, Body Building bezahlen, einen Computer kaufen oder Geld für den Führerschein zurücklegen.
Manche werden weniger bekommen und doch wird es keinem von euch (egal wie viel oder wie wenig ihr bekommen werdet) an den täglichen Notwendigkeiten fehlen.
Das ist glücklicherweise bei uns hier noch so. In anderen Teilen der Welt sieht das ganz anders aus … deshalb habt ihr ja auch die Bitte für die Konfirmandenspende bekommen, an die ich euch hiermit noch einmal erinnere. (Norddeutsche Mission – Jugendliche mit HIV/Aids in Togo)

Aber neben all dem alltäglich Notwendigen und neben den Extras, die durch die Geschenke des heutigen Tages möglich werden, braucht ihr noch mehr;
braucht jeder Mensch noch mehr.
Ihr braucht Segen für euer Leben.
Ihr braucht jemanden, der es gut mit euch meint, egal wie viel „Mist“ ihr auch baut.
Ihr braucht jemanden, der für euch da ist, auch wenn ihr nichts mit ihm zu tun haben wollt.
Ihr braucht jemanden, der mit euch geht, durch die Höhen und Tiefen eures Lebens, die noch vor euch liegen.

Einer tut dies. Er geht mit euch und ist für euch da. Sein Zeichen ist das Kreuz.
In Jesus Christus ist Gott uns so nahe gekommen, dass es keinen Augenblick des Verlassenseins gibt, den er nicht kennt und auch in jedem Moment der Freude und der Liebe uns sein Lachen und seinen Segen schenkt.

Ein Segenskreuz(Bezug: Andere Zeiten e.V.)soll euch über den heutigen Tag hinaus immer wieder daran erinnern. Das ist mein Geschenk an euch am heutigen Tag eurer Taufe und Konfirmation. Nicht spektakulär, sondern eher klein.

Ein kreisrundes Stück Metall. Darin ist unauffällig ein Kreuz verborgen. Drei Teile gehören dazu:
Die eine Linie in der Senkrechten
Die Querbalken aus der Waagerechten nach oben gebogen
Der kleines Loch oberhalb dieser drei sich nicht berührenden Linien.

Der Kreis – ein Bild für die eine Welt, in der wir leben. Wir sind Teil eines größeren Ganzen. Wir tragen Verantwortung füreinander und die Welt, in der wir leben.

Das Kreuz – ein Hinweis auf Jesus, seine Leiden, seinen Tod und auch darauf, dass es danach weiterging und es Ostern wurde.
Durch die gebogenen Querbalken – ein Eindruck wie von einem Engel … oder die bergende Geste eines Segnenden.

Dieses Segenskreuz soll euch begleiten – auf allen Wegen, die noch vor euch liegen.
Es soll euch immer wieder daran erinnern, egal welche „Kämpfe“ mit Gott und den Menschen auf euch warten, wenigstens einer meint es gut mit euch.

Ihr werdet dieses Kreuz vielleicht auch blöd finden, es vergessen und es wird verstauben oder in irgendeiner Kiste landen. Vielleicht fällt es euch Jahre später wieder einmal in die Hände und erinnert ihr euch dann noch an den heutigen Tag.
Aber auch wenn das nicht der Fall ist. Der Segen Gottes, für den dieses Kreuz steht, gilt auch wenn ihr es längst verloren habt.

Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.
So fordert es Jakob und er bekommt den Segen.
Und ihr habt ihn auch!
AMEN

Anne Töpfer
Steffensweg 65
37120 Bovenden
Fon: 0551-83255 / Fax: 0551-508 960 37
annetoepfer@t-online.de


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