Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach

Exaudi, 8. Mai 2005
Predigt über Johannes 7, 37-39, verfasst von Friedrich Malkemus
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Liebe Gemeinde!

Für mein Leben gern habe ich Wasser getrunken.
Wenn wir als Kinder uns auf der Straße ausgetobt hatten, dann lief ich ganz schnell in unser Haus zur Küche. Ich drehte den Wasserhahn auf und trank in vollen Zügen unmittelbar direkt aus dem Hahn das frische Wasser. Mein Gott was war das köstlich!

In späteren Jahren hatte sich meine Beziehung zum Wasser gewandelt. Aus dem erfrischenden Trunk wurde ein das Leben erweckender Trank. Ich war operiert und erwachte aus tiefer Narkose. Da gab mir die Schwester ein Glas schönes und klares Wasser. Die Lippen waren noch verklebt, der Mund völlig vertrocknet. Und nun das Wasser – nichts in der Welt war jetzt wohltuender! Leben kehrte spürbar in den Körper wieder ein. Herrlich, wirklich herrlich! Diese kleine Glas voll Wasser, so bescheiden, so einfach und dieses wenige Wasser bewirkt neues Leben, einen neuen Anfang des Lebens!

Wir bemerken schon, welche innige Beziehung Wasser zu unserem biologischen Leben hat. Das gilt dauernd und täglich und zeigt sich an Höhe – und Tiefpunkten immer und immer wieder.

Hier ist schon für den nachdenklichen Menschen eine Brücke erkennbar zu unserem heutigen Gotteswort: Wasser des lebendigen Lebens – Ströme des lebendigen Wassers. Das Leben alles Lebendigen Lebens ist auf das frische Wasser angewiesen! Schon das verdorbene Wasser bedroht das Leben insgesamt. Fehlt das gute Wasser, wie soll dann Leben erweckt und erhalten werden?

In Südtirol in einem Seitental bei Meran entdeckte ich eine kleine moderne Kirche. Im Raum für die heilige Taufe fließt im Marmorboden ein klarer zierlicher Bach munter sprudelnd vorbei. Er kommt vom Berg, durchfließt die Kirche und eilt weiter hinunter in das Tal.

Hier an dem Licht und Wasser spendenden Ort, hier die Taufe der Kinder, die Taufe von Erwachsenen, hier das Bekenntnis der Gemeinde zu Jesus Christus. Das leise dahingluckernde Bächlein hält unaufhörlich seine Predigt in dem stillen Kirchenraum. Es wird dem nachdenkenden Besucher eine sehr eindringliche Rede von seinem Leben, von dem Wasser der heiligen Taufe, von seinem Herrn Jesus Christus – ich höre dieses wunderbare, geradezu lustige Plätschern noch immer in mir.

In unser Nachsinnen über das Wasser des Lebendigen schaltet sich Jesus ein. Seine Worte treffen sehr konkret seine Zuhörer. Diese sind auch mit dem Wasser beschäftigt. In Prozessionen holen sie Wasser in großen Krügen aus der Siloah – Quelle mit den Priestern und tragen zum Altar und schütten es aus. Laubhüttenfest, ein Freudenfest. Da wird ja jedem bewußt, ohne das Wasser keine Ernte, ohne Ernte kein Leben. Hier nun ergeht Jesu Einladung. Die Durstigensollen zu ihm kommen. Nehmt wahr, in euch allen brennt ein Durst nach dem Leben, wie es von Gott angedacht und verheissen ist. Diesen Durst nach erfülltem und dauerhaft gegründetem Leben, den will und kann Jesus stillen. Sein Wort erweist sich als eine frische und nicht versiegende Quelle. Wie das zugehen mag? Versuchen wir doch uns Antworten zu geben.

Wir haben gerade an vielen Orten die Konfirmation vor uns, manche schon hinter sich. Da gab es in die Hand und vor der Gemeinde den Konfirmationsspruch, feierlich ausgesprochen und nun als wichtiges Dokument. Mein Konfirmationsspruch. Wie heißt er? Was bedeutet er mir heute? Hat er mir geholfen? Meine Enkelin hielt den schön eingerahmten Spruch fest in der Hand. Und als ich ihn nehmen wollte, um ihn anzuschauen, hielt sie ihn noch fester und sagte: Das ist meine Urkunde! Und gab ihn nicht her. Das ist schon segensreiches Wasser des Himmels, wenn wir uns fest mit dem Wort verbinden!

Die Konfirmationszeit hat ihr sehr gefallen. Diese begann schon sehr eindrucksvoll mit einer Konfinight in der Kirche. Alle übernachteten in ihren Schlafsäcken unter den Kirchenbänken: Wir und unsere Kirche! Wir sind umgeben, umhüllt von unserer Kirche! – Ist das nicht ein toller Beitrag? Aber nun ist der Lauf des Wortes Jesu und seine Segenswirkung nicht mit solchen innerkirchlichen schönen Ereignissen ausreichend verfolgt und beschrieben.

Das Wasser des Lebens will weiterströmen in die Welt hinein und dort durch uns seine Wirkung erreichen.

Das geht schon los, wenn wir aus der Kirche kommen und möglicherweise am Mittagessen herumnörgeln anstatt dankbar zu sein und beim Auf- und Abräumen zu helfen! Warst du nicht eben in der Kirche, hast nicht das Wort gehört: Jesu Segensströme wollen durch dich andere Menschen erfreuen und du sollst an ihnen ein Segen sein. Du sollst nicht querliegen in der Strömung wie ein dicker unbeweglicher Stein und den Lauf des lebendigen Wassers aufhalten.

Da werden Gesetze diskutiert wegen Mobbing und Stalking, wegen Antidiskriminirung und Ausländerhass - das alles kann uns Christen nicht ferne sein und uns unbekümmert lassen. Lasset uns den Geist der Liebe Jesu durch unser Denken und Handeln als einen herrlichen Segensstrom in diese Diskussionsbereiche einfließen, wo immer es möglich ist. Denn dieser Himmelsgeist zerbricht feindselige, gehässige Denkschlablonen und wirft freundliches Licht auf den Mitmenschen, von wo er auch kommen mag. Dieser pfingstliche, heilige Geist lässt den Menschen uns allen deutlich werden als der von Gott gewürdigte und geliebte Mensch.

An dieser sehr wirkungsvollen Kanalisation des Segens dürfen wir uns alle beteiligen mit großem Fleiß und gründlicher Aufmerksamkeit. Dieser Segensstrom geht schon auch in die große Öffentlichkeit und bleibt nicht unbemerkt im Herzenswinkel. Ich denke daran, welcher Aufbruch im Denken unserer Kirche vor sich ging, als einst Bischof Dibelius die Aktion Brot für die Welt ausrief. Da sollten die Christen doch tatsächlich sich daran gewöhnen, nicht nur für die Glaubensbrüder und nicht nur für die Christen zu spenden und Not bei ihnen abzuwenden. Nein – den Menschen überhaupt in seiner Not zu sehen und ihm aus seiner Hungersnot zu helfen. Jedenfalls den Ansatz dazu zu unternehmen. Segen sichtbar machen!

Ob wir soviel Segen weitegeben können? Nun Jesus hat uns Ströme davon zugesagt. Und Pfingsten, die Ströme seines Geistes kommen auf uns zu!

Amen.

Hinweise:

Ort der Predigt am 8. Mai 05 – Sonntag Exaudi – 6. Sonntag nach Ostern

Das bisherige Dorf Wasenberg ist in den Gemeindeverbund Willingshausen eingemeindeet. Etwa 1600 Einwohner, überwiegend evangelisch. Einst eine großzügig angelegte Bauerngemeinde mit übersichtlicher Anlage. Die wertvollen und sanften Landflächen werden heute von wenigen Vollerwerbslandwirten bearbeitet. Jetzt besteht eine gemischte Erwerbsstruktur, die zu zahlreichen schönen Neubauten rund um den Ortskern mit stolzen Fachwerkbauten und H öfen geführt hat. Dort überragt die hohe neugotische Kirche eindeutig das gesamte Dorf. Das Pfarramt war bisher nur auf dieses Dorf mit der einen Predigtstelle bezogen. Der Pfarrer hat viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den jüngeren Jahrgängen für die verschiedenen Gruppen eingesetzt. So wird der Prozess der Verlebendigung in der Traditionsgemeinde gefördert.

Liedvorschlag:
EG 156 Komm heiliger Geist
EG 123 Jesus Christus 1-5
EG 128 Heiliger Geist, du 1-5
EG 140 Brunn alles Heils 1-5
EG 136 Du heiliger Geist bereite Vers 5

Psalm 27 1 und 7-14

Fürbitten:

Jesus Christus, sende deinen Heiligen Geist, dass er uns erfülle mit deiner Wahrheit.
Wir bitten: Jesus Christus, erhöre uns.
Sende deinen Heiligen Geist, dass wir die Geister unterscheiden lernen.
Wir bitten: Jesus Christus, erhöre uns.
Sende deinen Heiligen Geist, dass er die bösen Geister vertreibe.
Wir bitten: Jesus Christus, erhöre uns.
Sende deinen Heiligen Geist, dass wir den Mut finden, der Ungerechtigkeit zu widerstehen
Wir bitten: Jesus Christus, erhöre uns.
Sende deinen Heiligen Geist, dass er Glauben und Hoffnung in uns wecke.
Wir bitten : Jesus Christus, erhöre uns.
Sende deinen Heiligen Geist, dass deine Gemeinde Heimat werde für die dich suchen
Wir bitten: Jesus Christus, erhöre uns.
Jesus Christus, sende deinen tröstenden Geist und gehe mit uns heute und allezeit.
Wir bitten: Jesus Christus, erhöre uns.

Vater unser...

Friedrich Malkemus
Dekan i.R. Kirchenrat
Wolfgang-Zeller-strße 13
34613 Schwalmstadt-Ziegenhain
Tel.:06691/71642

 


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