Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Jubilate, 2. Mai 2004
Predigt über 1. Johannes 5, 1-4, verfaßt von Ekkehard Heise
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Liebe Gemeinde,
JUBILATE ist der Name des heutigen Sonntags.
JUBILATE das heißt: jubelt!

Die Zeiten sind so, dass man da nicht von alleine drauf gekommen wäre.
Spontaner Jubel ist eher selten.
Jubel als Grundstimmung des Lebens die Ausnahme.

JUBILATE – Jubelt! – das muss erklärt werden
und dann möchte ich auch nach Beispielen suchen, wo Jubel gelingt.
Ich suche jubelnde Menschen.

Zunächst aber die Erklärung.
Der Urgrund des Jubels.
Die Bibel nennt ihn an vielen Stellen.

Ein Satz lautet so:
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Ein bekannter Satz, der vielen Menschen Trost schenkt und geschenkt hat.
Auf Todesanzeigen liest man ihn häufig.
Wir verstehen ihn ungefähr so:
Angesichts des vielen Schlimmen und Schweren was uns auf dieser Welt erwarten kann, glauben wir an Gott, der größer ist und uns in allem Bösen bewahren wird.

Das ist auch so in Ordnung – und der Bekanntheitsgrad dieses Satzes zeigt ja, wie nötig wir so einen sicheren, festen Trost brauchen.
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Wir wollen diesen Satz,
diesen Urgrund des Jubels,
noch ein wenig genauer betrachten.
Im Predigttext für heute erklärt ein Schüler des Evangelisten Johannes auf seine Weise worum es geht:

Der Predigttext stammt aus dem 1.Johannesbrief im 5. Kapitel (1-4):

Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott geboren;
und wer den liebt, der ihn geboren hat,
der liebt auch den, der von ihm geboren ist.
Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben,
wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.
Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten;
und seine Gebote sind nicht schwer.
Denn alles, was von Gott geboren ist,
überwindet die Welt;
und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Also das heißt:
Gott lieben bedeutet den Nächsten zu lieben.
Den Nächsten liebe ich, indem ich Gottes Gebote halte.
Das ist nicht schwer,
denn der Glaube an Jesus Christus überwindet die Welt.

Oder noch einmal anders ausgedrückt:
Wir Menschen dürfen jubeln,
denn im Glauben an Jesus Christus
ist es möglich, Gott und die Mitmenschen zu lieben.

Das ist also der Urgrund des Jubels,
den die Bibel an vielen Stellen nennt:

Die Liebe zu Gott und den Mitmenschen ist möglich!
Dabei ist es wichtig,
auf Jesus Christus zu vertrauen
und nicht auf die Gesetze dieser Welt.

Jesus Christus steht für:
Einfallsreichtum,
Fantasie,
Erfindungsgabe,
Schöpferkraft,
Mut,
Zivilcourage,
Beherztheit,
Entschlossenheit und vieles andere mehr.

Mit den Gesetzen dieser Welt sind gemeint:
Egoismus,
Unsicherheit,
Minderwertigkeitskomplexe,
Selbstherrlichkeit,
Rücksichtslosigkeit,
Bedrohung,
Diktatur,
Lüge,
Falschheit,
Unaufrichtigkeit,
billige Moral und vieles andere mehr.

Der Glaube an Jesus Christus steht für den Einsatz für das Leben.

Beispiel: der Marie-Schlei-Verein, der in der vergangenen Woche 20 Jahre alt wurde. „Jeden Tag geschieht in den Ausbildungsprojekten des Vereins ein kleines Wunder ...“(*) mit dem der Verein zur Überwindung von Armut, Unterentwicklung und Unwissenheit in Afrika, Asien und Lateinamerika beiträgt.

Die Gesetze dieser Welt sind ein Bündnis mit dem Tod.

Beispiel: Der Egoismus und die Unsicherheit von 650 000 griechischsprechenden Zyprern verhindert den EU Beitritt von 90 000 türkischsprechenden Landsleuten und damit eine bessere Zukunft für sie und ihre Kinder.

Aber nicht die Negativbeispiele von denen es leider sehr viele gibt sollen meine heutige Predigt am Sonntag JUBILATE bestimmen.
Ich suche nicht nur nach Trost, sondern nach Zeichen des Sieges.
Ich möchte in die Freude der Siegesfeier einstimmen denn
unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Ich möchte nach Beispielen suchen, wo Jubel gelingt.

Mir kommen Bilder von heimkehrenden Soldaten in den Sinn.
Frauen und Männer schließen ihre Kinder und Familienangehörige in die Arme.
In Spanien,
in Honduras
in der Dominikanischen Republik
haben
Mut, Zivilcourage, Beherztheit und Entschlossenheit
über die Gesetze der Welt
wie Rücksichtslosigkeit, Bedrohung und Lüge gesiegt.
Wer Gottes Gebote halten will – führt keine Angriffskriege.

Als vor einem Jahr die 25 Staats- und Regierungschefs in Athen die Erweiterung der Europäischen Union besiegelten,
da wurde für viele Menschen,
vor allem in Osteuropa, ein Traum wahr...
„Erst heute ist die Berliner Mauer wirklich eingestürzt“,
sagte der holländische Regierungschef,
und machte damit deutlich,
dass man nicht hinter dem Eisernen Vorhang gelebt haben muss,
um zu begreifen,
was es für Menschen bedeutet,
nicht mehr als Europäer 2. Klasse behandelt zu werden
und leben zu müssen.
Chancen tun sich auf.
Gestern bei den Feierlichkeiten wurde auf den Strassen vieler europäischer Städte gejubelt.
Es ist im Sinne der Gebote Gottes,
ist Frucht von Glauben,
dass Menschen zusammen geführt werden,
dass Mauern fallen.
Unsicherheit und Egoismus werden besiegt.
Einfallsreichtum,
Fantasie,
Erfindungsgabe
sind nun gefragt.

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Siege müssen ausgebaut werden.
Siege müssen befestigt werden,
sie sind oft wie Samenkörner,
die erst noch anwachsen,
gedeihen
und groß werden müssen.
Aber das Entscheidende ist geschehen.
Mit oder ohne Gottesbezug in der Präambel eine zukünftigen Verfassung
ohne Vertrauen in Gottes Liebe,
die sich im guten Willen seiner Menschen,
gleich welcher Religion,
spiegelt
ist Europa nicht denkbar.
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Chancen tun sich auf.
Neues Leben wird möglich.
In der Nacht zum Sonnabend wurden in ganz Litauen alle Lichter angezündet –
als Symbol für eine helle Zukunft.

Ich möchte ich nach Beispielen suchen, wo Jubel gelingt,
sagte ich
und lade Sie ein mitzusuchen:

„Ein Sieg der Liebe“
schreiben die Zeitungen und beziehen sich auf die Hochzeit
der niederländischen Königssohn Johan Friso
mit der bürgerlichen Mabel Wisse Smit.
1400 geladene Gäste jubelten dem Brautpaar zu.

Aber der Sieg der Liebe war nicht einfach errungen.
„Sturzfluten sind über euch hinweggegangen“,
sagte der Pastor in seiner Traupredigt,
„Die Menschen haben euch nicht immer recht getan“,
fügte er hinzu,
„aber eure Liebe ist dadurch nur stärker geworden“.

Menschen im Licht der Öffentlichkeit leiden darunter,
wie ihr ganz privates, persönliches Leben
zum Gegenstand von Gerüchten
und zum Objekt selbsternannter Sittenrichter wird.
Im Halbdunkel des Konjunktivs säten Untertanen Zweifel:
Die Braut soll mit einem berüchtigten holländischen Gangsterboss
liiert gewesen sein.
Der Mann wurde erschossen.
Ja und ...
Die Liebe des Brautpaares ist der Sieg,
der Rücksichtslosigkeit,
billige Moral und Distanzlosigkeit überwindet.
Der Prinz verzichtet auf Titel und Thronfolge,
sicherlich Attribute dieser Welt
und hört die Zusicherung seiner Braut:
„Vertraue mir, ich werde immer da sein“.
Jubel ist angesagt.

JUBILATE – Jubelt! – das muss erklärt werden
Die Zeiten sind so, dass man da nicht von alleine drauf gekommen wäre.
Spontaner Jubel ist eher selten.
Jubel als Grundstimmung des Lebens die Ausnahme.

Ich habe nach Beispielen gesucht, wo Jubel gelingt.
Heimkehrende Soldaten,
neue Mitglieder in der EU
ein Prinz, der auf Titel und Würden verzichtet
aus Liebe zu einer Frau mit fragwürdiger Vergangenheit...

Vielleicht gefallen Ihnen meine Bespiele nicht,
vielleicht haben Sie Bedenken,
über manches müsste man diskutieren,
geht es hier jedes Mal um
Glauben, den Sieg, der die Welt überwunden hat.
Ich denke, ja.
Glaube hat viele Gesichter,
Seit Jesus Christus,
seit Gottes Menschwerdung sind es immer menschliche Gesichter,
immer anfechtbare, diskussionswürdige,
Widerspruch provozierende Gesichter,
dennoch
wo Menschen aus offenem herzen Jubel – ist Gott dabei,
dort wird der Sieg des Glaubens gefeiert.

Und der Sieg des Glauben, der Liebe, des Friedens
richtet sich gegen niemanden
zerstört nicht,
sondern befreit,
nimmt mit hinein,
lädt ein,
Gott zu vertrauen.
Denn für alle gilt:

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Amen.

Dr. Ekkehard Heise, Stade
Ekkehard.Heise@t-online.de

(*) Christa Renzi-Plath, „Kleine Wunder für Frauen“, in Hamburger Abendblatt vom 23. April 2004, S.2.


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