Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Predigt zur Konfirmation, Mai 2004
1. Könige 3, 4-12 (Salomos Traum)
verfasst von Sibylle Reh
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


[Lesung des Bibeltextes: 1.Könige 3, 4-12]

Liebe Gemeinde, liebe Konfirmanden,

Konfirmation, das ist die Zeit der Wünsche und der Geschenke. Aber es ist auch die Zeit, in der die Jugendlichen die Kindheit hinter sich lassen und in die Zukunft blicken. Die Konfirmandenzeit, da werden mir die Eltern sicherlich zustimmen, fällt in die Zeit, in der sich die Jugendlichen am deutlichsten sichtbar verändern, reifer werden.

In diesem Alter, wird der Druck, in der Schule etwas für die eigenen Zukunftschancen zu tun, immer größer.

Ihr Konfirmanden habt auch Träume und Wünsche, wie ihr euch die Zukunft vorstellt.

So passt, wie ich finde diese Geschichte von König Salomo, der im Traum von Gott die Erfüllung eines Wunsches zusagt.

Die Geschichte gleicht ein bisschen einem Märchen, in dem eine gute Fee einen Wunsch erfüllt. Es gibt viele solcher Geschichten.

Die griechische Sage berichtet von König Midas, dem einst von einem Gott ein Wunsch gewährt wurde. Er bat darum, dass alles, was er anfasste, sich in Gold verwandelte. Als ihn dieser Wunsch erfüllt wurde, verhungerte er beinahe, weil er feststellen musste, dass man Gold nicht essen kann. Der Gott befreite ihn schließlich wieder von diesem Geschenk.

Es gibt das Märchen vom Fischer und seiner Frau. Der Fischer fing einen seltsamen Fisch, der ihm Wünsche erfüllte. Nur weckte jede Erfüllung eines Wunsches bei seiner Frau einen neuen, größeren Wunsch. Schließlich wollte sie wie Gott sein. Daraufhin wurde dem Fischer und seiner Frau alles, was sie bisher erhalten hatten, wieder weggenommen. Sie saßen wieder in ihrer ärmlichen, stinkenden Hütte.

Es gibt sicherlich noch mehr Geschichten, wie gefährlich die Erfüllung eines Wunsches sein kann.

Kurz gesagt: bedenke, worum du bittest, es könnte dir gewährt werden.

Die Erzählung von König Salomo aus der Bibel ist so lehrreich, wie die genannten Märchen, allerdings zeigt sie noch mehr, nicht nur, weil sie gut ausgeht.

Ich möchte den Anfang der Geschichte noch einmal etwas ausführlicher erzählen:

Salomos Vater David war der jüngste Sohn eines Bauern gewesen, als Kind ein einfacher Schafhirte. Doch er wurde später König, ein mächtiger König in Israel. Er hatte viele Söhne. Salomo war nicht der älteste von ihnen. Dennoch wurde er der Erbe Davids und König, als dieser starb. Nicht alle waren damit einverstanden, besonders seine Brüder nicht, aber auch nicht alle Heerführer und auch nicht alle aus dem Volk. Aber Salomo war und blieb der König. Gott liebt nicht nur die erstgeborenen Söhne, die damals normalerweise am wichtigsten waren.

Ein König hatte viele Rechte: er konnte in einem Palast wohnen, viele schöne Pferde besitzen, schöne Frauen heiraten. Das war ein ganz anderes Leben, als das, was Salomos Vater David in diesem Alter als Hirtenjunge vor Augen hatte. Aber ein König hatte nicht nur Rechte, er hatte auch Pflichten. Seine wichtigste Pflicht bestand darin, zu richten. Richten, das hieß damals vor allem Recht schaffen und so für Gerechtigkeit und Frieden sorgen. Das hieß, die Schwachen im Volk zu schützen, das hieß aber auch das ganze Volk vor Feinden zu schützen.

Als Salomo gerade König geworden war, ging er zum Altar am Heiligtum in Gibeon, um sich an Gott zu wenden.

Salomo erwartete sicherlich ein Zeichen von Gott, als er das Opfer darbrachte. Im alten Israel glaubte man, zu einem König, der auf dem rechten Wege wandele, zu dem rede Gott in wichtigen Situationen, entweder durch Propheten, durch Orakel oder eben durch Träume.

Liebe Konfirmanden, es gehr aber heute nicht nur um König Salomo, sondern um euch. Es geht nicht nur um Salomos Wünsche für sein Leben, sondern um eure Wünsche, um euer Leben.

Wir Erwachsenen haben das Bedürfnis, bei einem solchen Anlass wie heute darüber nachzudenken, was für eine Welt ihr nun hineinwachst, wie diese Welt sein wird, wenn ihr erwachsen seid, und darüber nachzudenken, wie ihr diese Welt mitgestaltet. Viele von euch haben mehr Möglichkeiten, euer Leben mitzugestalten, als es eure Eltern hatten, die meisten mehr Möglichkeiten, als es eure Großeltern haben. Wolfsburg ist eine junge Stadt, älter als ihr, aber doch so jung, dass die meisten Familien hier nicht länger als seit ein oder zwei Generationen leben. Eure Eltern und Großeltern sind hier hergekommen, aus Dörfern der Umgebung, aus Ostpreußen oder aus Kasachstan, um euch hier die besten Möglichkeiten für eure Zukunft zu geben.

Ihr kommt heute zum Altar, nicht um Opfer zu bringen, sondern um Segen und das Abendmahl zu empfangen. Ihr seid keine Königssöhne und Töchter, kein Thron erwartet euch, sondern Schule, Ausbildung oder Studium, Berufsleben, Familie. Es gibt da so viele Möglichkeiten, so viele Entscheidungen: Für oder gegen einen bestimmten Weg, für oder gegen einzelne Personen.

Aber Gottes Beistand wünschen wir für euch, damit ihr euren Lebensweg gehen könnt.

Ich möchte die Geschichte von Salomo noch etwas weiter erzählen.

Salomo hatte, nachdem er am Altar war, die Begegnung mit Gott, auf die er gehofft hatte. Mehr noch, Gott forderte ihn auf, eine Bitte zu äußern. Er brachte vor Gott, was ihm auf dem Herzen lag. Er sprach von David, seinem Vater, der vom Hirtenjungen zum König wurde. Er dankte Gott für die Dinge, die er erhalten hatte, das große Volk, über das er König geworden ist. Er sprach von den Aufgaben, die vor ihm lagen, er sprach von seiner Sorge, wegen der Verantwortung, die auf ihm lag.

Danach trug er seine Bitte vor: Er wollte ein "hörendes Herz" haben. Und unterscheiden, was gut und was böse ist. Ein hörendes Herz, was er für seine Aufgabe, das Richten braucht. Das Herz ist im alten Israel auch Sitz des Verstandes. Salomo wollte ein hörendes Herz haben. Er wollte nicht alles aus sich selbst heraus entscheiden, nach Gesetzen, die er selber machte. Er wollte ein Herz, das auf Gottes Weisungen hört, ein Herz, das Gott sucht.

Salomos Wunsch war nicht wie der Wunsch von Midas, der nur Gold wollte. Er war nicht wie die vielen Wünsche des Fischers und seiner Frau, die sich alle nur um Geld und Macht drehten. Salomo sagte gar nicht so genau, was er haben wollte. Er wünschte sich zu wissen, was er wollte. Salomo verzichtete darauf, sich festzulegen. Er wollte nicht etwas haben, sondern etwas tun, er brauchte Hilfe für die Aufgaben, die vor ihm lagen. Er war bereit, sich etwas sagen zu lassen.

Diese Bitte um ein hörendes Herz wurde Salomo erfüllt. Er galt als der weiseste unter den Königen, unter seiner Herrschaft gab es lange Frieden im Land.

Liebe Konfirmanden, wenn ihr jetzt zum Altar geht, dann habt ihr auch Wünsche, die ihr mitbringt. Gott sagt euch vielleicht nicht so klar, wie zu Salomo, dass ihr einen Wunsch frei habt. Aber in Jesu Namen dürfen wir uns alle an Gott wenden. Jesus sagte einst: Bittet, so wird euch gegeben.

Ihr habt sicherlich Wünsche für euer Leben, für diesen Tag. Vielleicht könnt ihr etwas von Salomo lernen und Gott sagen, was euch auf dem Herzen liegt.

Ihr könnt von euch reden, eurer Familie, euren Freunden, euren Erfolgen und euren Sorgen.

Ich denke, ihr steht auch manchmal unter Druck, wie Salomo. Ihr müsst zwar kein Recht sprechen, aber ich vermute ihr habt manchmal das Gefühl, es allen recht machen zu müssen: den Lehrern, den Eltern, den Freunden.

Nun ist keinem von euch eine Königskrone in die Wiege gelegt worden, auch keinen unermesslichen Reichtum. Aber etwas haben alle für euch. Ganz verschiedene Gaben, man kann sie schwer vergleichen. Einigen fällt das Lernen in der Schule leicht, anderen nicht, dafür haben sie mehr Ausdauer, einige haben treue Freunde, einige haben meist gute Laune, einige sind sehr musikalisch...

Jeder, jede von euch hat Gaben. Wenn ihr euch an Salomo haltet, dann kommen nach den Gaben die Aufgaben. Salomo hatte eine Königskrone, daraus folgte die Aufgabe, das Volk zu richten, für Gerechtigkeit zu sorgen. Ihr müsst eure Aufgaben noch finden. Auch dazu braucht ihr ein hörendes Herz. Das Wort Gottes das für Salomo Leitfaden ist, kann auch euch helfen.

Ihr habt einzelne Gaben, wir haben als Christen auch alle eine gemeinsame Gabe.

Ihr geht heute zum Altar. Ihr sagt auch ja zum christlichen Glauben. Damit bekennt ihr euch zu Gott und zur Gemeinschaft in der Kirche.

Als Christen seid ihr Teil einer großen Gemeinschaft, eine Gemeinschaft, die es überall in der Welt gibt. Ihr gehört schon seit der Taufe zu dieser Gemeinschaft, aber jetzt wird diese Taufe bestätigt. Jetzt seid ihr nicht nur auf Wunsch eurer Eltern, sondern auf eigenen Wunsch Glieder dieser Gemeinschaft.

Ihr erhaltet die Gaben, zum Beispiel das Abendmahl, das Mahl der Gemeinschaft untereinander, der Gemeinschaft mit Jesus.

Ihr habt auch Aufgaben. Eine Aufgabe ist es, treu zu der Gemeinschaft der Christen zu stehen, auch wenn es mal etwas schwerer wird, auch wenn mal etwas von euch verlangt wird.

Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde, welche Gaben Sie auch empfangen haben, welche Aufgaben auch vor Ihnen liegen, welche Wünsche und Sehnsüchte in Ihnen liegen, ich wünsche Euch und Ihnen ein hörendes Herz, dass sie von Gott Rat und Hilfe empfangen.

Sibylle Reh
Jenaer Str. 58
38444 Wolfsburg
sreh@gmx.de

 

 

 


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