Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Karsamstag, 10. April 2004
Predigt über 1. Petrus 3, 18-22, verfaßt von Dankwart Arndt
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Die Redensart „zwischen den Tagen“ ist umgangssprachlich gemünzt auf die Zeit zwischen Weihnachten und Altjahrsabend. Recht eigentlich aber ist der heutige der „Tag zwischen den Tagen“. Zwischen besonderen, einmaligen Tagen! Zwischen dem Tag der Kreuzigung und dem, der den Beginn eines Neuen, eines ganz Anderen einleitet. Der „Tag zwischen“ hält diese beiden beieinander. Tod und neues, Tod-überwindendes Leben sind beieinander; keins ohne das andere. Beieinander gehalten durch den „Tag zwischen den Tagen“.

An diesem Tag, an diesem Abend strecken Menschen sich aus vom Alten zum Neuen, vom Vergehenden zum Bleibenden, vom Dunkel ins Licht. Sie strecken sich aus nach ihrer Taufe. Über ihr Geheimnis und ihre Kraft unterrichtet wohl der Apostel-Brief; er unterrichtet und ebenso vermahnt und erinnert er; und er spricht zu, er eignet zu die Frucht der Taufe.

Menschen strecken sich an diesem Abend aus nach der Taufe. Es ist – wie Paulus sagt – eine Taufe „in den Tod“, aber – zum Leben! Taufe in den Tod Christi. Der Christus ist „einmal gestorben“, damals am Kreuz auf Golgatha. Gestorben für „Sünder und Ungerechte“. Für die Menschen – meint das -, die ihrem Gott und Schöpfer nicht gerecht geworden sind und immer noch nicht werden, die ihm nicht vertraut, sondern misstraut haben und so immer noch „davor sind“. Gestorben für Menschen, die nicht im Leben und nicht im Sterben sich auf ihren Gott und Schöpfer verlassen und so zu Sündern werden, - zu Menschen, die sich selbst „über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen“. Gestorben ist er für Menschen, die – wohl wissend um ihre Sünde oder sie doch ahnend – in Angst sich vor ihrem Herrn versteckt halten, ihm aus dem Weg gehen, um ihm „nicht unter die Augen zu kommen“.

„Einmal gestorben für Sünder und Ungerechte“ – dieser Tod bleibt nicht ohne Folgen; er ist nicht sinnlos; er führt nicht ins Nichts; es ist freilich auch nicht so, dass er zu nichts führen würde. Vielmehr: er „führt“ Menschen, die ihn annehmen, ihm vertrauen können und mögen, „zu Gott“, so, dass sie in ihm väterliche Liebe und umfassenden Rettungswillen erkennen können.

In einer kunstvoll gestalteten Architektur dieser wenigen Verse führt der Apostel den Taufwilligen und denen, die sich ihrer Taufe erinnern, die Fülle der Gnade und des Trostes vor Augen, die in dem Geschehen an Kreuz und Ostermorgen beschlossen sind. Der „einmal“ für „Sünder und Ungerechte“ gestorben ist, den hat Gott durch die Kraft seines Schöpfergeistes zu neuem Leben erweckt. Damit ist das „für“ wahrhaft und auch ein für allemal in Kraft gesetzt. Darauf können bauen, die sich am „Tag zwischen den Tagen“ nach ihrer Taufe ausstrecken und sich ihrer empfangenen Taufe erinnern.

Mehr noch: diesen Apostel hat – wie viele andere Menschen auch – die Frage bewegt und beunruhigt, ob und wie denn Rettung und Heil zuteil werden könnten den Menschen, die den Christus Jesus „nach dem Fleisch“ nicht kennen, nicht hören, ihm nicht begegnen konnten. Und so artikuliert der Apostel das Umfassende des Rettungswillens Gottes so, dass er bekennt, der Auferweckte/Gekreuzigte habe auch im Totenreich die Gnade Gottes, das „Wort von der Versöhnung“ gepredigt und zugesprochen, er habe sich vom Sterben „nach dem Fleisch“ nicht daran hindern lassen, in ein lebendig-machendes Gespräch einzutreten mit denen, die er sucht. „Von Ewigkeit her“ ist Gott ein Retter; er schenkt Leben und Heil. Des zum Zeichen erinnert der Apostel-Brief an jene sagenhafte Gestalt des Noah. Er, der vertrauensvoll „aufs Wort hörte“, wurde aus der alles ersäufenden Flut errettet samt denen, die ihm anvertraut waren. Aus der Flut, aus den tötenden Wassern wurde er „heraus-gehoben“, wie später – viel später - Generationen von Kindern „aus der Taufe gehoben“ worden sind.

Sie ist ja kein bloßer „Abwasch“, in Gemeinschaft mit anderen empfangen, schon gar nicht: „ein einziger Abwasch“. Vielmehr: Taufe markiert die radikale Wende; sie bedeutet wirklichen Regime-Wechsel; Herrschaft wird ausgetauscht: alte ab-gelöst , neue installiert. Der Höhepunkt, die Spitze der architektonisch kunstvoll gestalteten Verse, die den Predigttext ausmachen, findet ihre Vollendung in dieser Taufermahnung und –erinnerung: der Täufling wird der Erde, der Welt und ihren Gesetzen ent-nommen; nicht mehr muss das eherne Gesetz gelten „wie du mir, so ich dir“, oder „kannst du was, dann hast du was“; „hast du was, dann bist du was“; nicht mehr muss, weil man nichts oder wenig hat und deshalb nichts oder wenig gilt – nicht mehr muss ein bedrücktes Gewissen lasten. Sondern: ein „gutes Gewissen“, das sich unwiderruflich in der Obhut väterlicher Güte weiß, ist das Taufgeschenk Gottes. Es kann sich jederzeit besinnen, es kann „bei sich wissen“, kann in einem von herzlichem Dank für Güte erfüllten, - im „guten Gewissen“ zuversichtlich und gewiss sein, dem zu gehören, der Ostermorgen „lebendig gemacht“ ist durch die Kraft des Schöpfergeistes Gottes, ja, darüber hinaus in die Herrschaft eingesetzt ist über all Mächte und Gewalten. Dieser Lebendige exekutiert – „zur Rechten Gottes“ – die Macht, die alles vermag, freilich nicht das Beliebige will, sondern die Liebe lebt, „die nicht das Ihre sucht, sich nicht erbittern lässt, das Böse nicht zurechnet, die nimmer aufhört“.

Der Täufling wird der Erde, wird der Welt und ihren Gesetzen ent-nommen; freilich: er bleibt mit beiden Beinen auf der Erde, bleibt ihr und dem Leben auf ihr treu.
Er wird mit Wort und Tat Den loben und preisen, der ihn „zu Gott geführt“ hat. Am Kreuz dessen, der einmal gestorben und auferweckt ist, sind Ungerechtigkeit und Schuld durch-kreuzt, dagegen an-gekreuzt der Name dessen, der seine Taufe empfängt oder sich ihrer erinnert. Amen

Dr. Dankwart Arndt
Tel. 04383 1472
Email c/o angelikatanha@hotmail.com


(zurück zum Seitenanfang)