Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Predigt zum Konfirmations-Abendmahl und zur Konfirmation, April 2004
verfasst von Ele Brusermann
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Predigt zum Konfirmations-Abendmahl

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,
liebe Gemeinde!

Heute Vorweg - das Abendmahl.

Bei einem guten Essen bekommt man auch etwas vorweg: Brot und Kräuterbutter, zumimdest Schmalz oder gar etwas besonders Leckeres.
Amuse geule Gaumenschmeichler nennen es die Franzosen.
Es soll den Geschmack anregen, stimulieren - vielleicht auch den Heißhunger besänftigen,
damit wir das festliche Essen genießen, nicht herunterschlingen.

Etwas davon ist auch Sinn des Abendmahls: es soll etwas wie ein Appetithäppchen sein - amuse geule für das große Festmahl, das wir feiern werden im Reich Gottes.
Vorweggenommen: wir dürfen es heute feiern, auch dann und für den, der es streng genommen und nach alter Sitte versteht - dass die Konfirmation die Zulassung zum Abendmahl bedeutet.

Ein bischen was vorwegnehmen - das gehört zum christlichen Leben.
Jesus hat vom ReichGottes erzählt, von einem großen himmlischen Fest, zu dem alle Spannungen gelöst sein werden, alles Trennende beseitigt, alle Mißverständnisse ausgeräumt.

Ich spreche zu euch, sagt Jesus, weil ich will, dass euch meine Freude erfüllt und immer volkommener wird. Weil ich alles, was ich vom Vater erfuhr, mit euch teile: Unter uns kein Geheimnis!
So hörten wir in der Lesung der Bibel.

Christen leben immer ein bischen vorweg.
Leben in dieser Welt mit einer Ahnung vom Himmel, und lassen sich darum wohl beeindrucken, von all dem Schrecklichen dieser Welt, aber nicht lähmen.
Wo andere sagen, da kann man nichts machen, nichts ändern, sagen sie, nein, das ist höchstens das vorletzte, zuletzt hat Gott uns was zusagen.
Christen haben die Hoffnung zum Lebensprinzip gemacht.

So auch jetzt, heute abend und Morgen:
Wir feiern nicht, das wir am Ende sind, mit der Konfirmandenzeit fertig, mit der Kirche fertig, sondern das wir auf den Geschmack gekommen sind. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist, heißt es in der alten Abendmahlsliturgie.

Wer jetzt sagen würde: danke, das reicht mir schon, mit dem Glauben und der Kirche - der gibt sich mit diesen kleinen Brotstückchen zufrieden, mit den amuse geule, und läßt sich das richtige Festessen entgehen.
S’ wär schad drum. S’ wär so, als würde einer Fahrstunden nehmen, den Führerschein machen, aber dann nie selbst Autofahren.

Wir stehen nicht am Ende, sondern am Anfang. Euch steht nicht nur die Welt offen, sondern der Himmel.
Wann immer ihr an Grenzen steht - könnt ihr sagen: so hat Gott es nicht gemeint.

Natürlich passiert uns das auch, sogar viel zuoft,
Auch wenn wir eine Ahnung davon haben, wie es sein könnte:
Wir sind (noch) nicht perfekt!

Und so erleben und leben wir:
Wir brauchen nur jemanden zu sehen - und meinen wir wissen schon Bescheid.
Wir brauchen nur ein paar Worte zu wechseln, und wissen schon mit wem wir es zu tun haben.
Wir brauchen nur über jemanden dies und das zu hören, und wissen schon, was für ein Mensch er oder sie ist.
Mein Gott, es ist erschreckend, wie schnell wir jemanden zu kennen glauben, und wie lange es dauert, bis ich mein voreiliges Urteil ändere.

Etwas vorwegnehmen, da ist auch schon was weggenommen.
Darum sagen Christen: Gott ist anders, er sieht das anders:
Wo immer Menschen festgelegt werden, auf das was sie mal gesagt oder getan haben und ihnen keine Chance mehr gegeben wird: So hat Gott es nicht gemeint.
Wo immer Grenzen gezogen werden oder Mauern errichtet, wo wir nicht mehr zueinanderkommen können, uns nur noch auseinandersetzen: So hat Gott es nicht gemeint.
Wo es zum Krieg kommt, nicht mehr verhandelt wird sondern zerstört und getötet: so hat Gott es nicht gemeint.
Wo das Recht des Stärkeren gilt, keiner mehr Schwäche zeigen darf, wo einer alles für sich haben will und andere unterdrückt werden: so hat Gott es nicht gemeint.
Wo einer gehänselt wird, klein gemacht, nicht ernst genommen, immer der Looser ist: so hat Gott es nicht gemeint.

Wie er es gemeint hat?
So, wie auch ich selbst verstanden werden möchte:
Einer Antoine de St. Exupery, der den kleinen Prinzen geschrieben hat, hat es so gesagt:
Zu dir, Gott kann ich kommen, kein Stück meiner inneren Heimat brauche ich preiszugeben.
In deiner Nähe habe ich mich nicht zu entschuldigen, nicht zu verteidigen, brauche ich nichts zu beweisen.
Über meine ungeschickten Worte, über die Urteile hinweg, die mich irreführen könnten,
siehst du in mir einfach den Menschen.
Dein JA-sagen zu dem was ich bin,
hat dich gegen Haltung und Bekenntnis nachsichtig gemacht, sooft es nötig war.
Ich weiß dir Dank dafür, das du mich so hinnimmst, wie ich bin.

Ohne das geht es nicht, ohne dass wären wir selbst Verlierer, hätten wir keine Chance. Wer kann schon immer alles richtig machen?

Dies ist mein Gebot:
liebt einander, seid freundlich zu euren Gefährten,
so wie auch ich euch freundlich bin, jedem in Liebe verbunden.
Und denkt heute und morgen daran, das die Liebe am größten ist. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr meine Gebote befolgt.
Aber schon vorweg - nicht erst wenn wir das geschafft und erfüllt haben, gehören wir dazu, dürfen wir mitfeiern, einen kleinen Vorgeschmack vom ReichGottes bekommen.
Gott steht zu uns, lädt uns ein zu seinem Fest.
Denn wir feiern nicht uns - sondern unseren Glauben. Schon mal vorweg ein bischen was von seinem Fest.
Und der Frieden Gottes,
der größer ist als alle Vernunft
öffne unsere Herzen
bewahre unseren Glauben
stärke unsere Hoffnung
und wecke unsere Liebe.
In Jesu Namen. Amen.

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Predigt zur Konfirmation

(Nach der Segnung bekommt jede(r) KonfirmadIn eine kleine Led-Taschenlampe überreicht)

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde!

DSDS:
Liebe Gemeinde, wissen Sie, was das heißt?
Ich denke: ihr wisst es bestimmt alle. Ganz klar! Und weil’s heute um euch ganz besonders geht, sollten wir es alle wissen: wenn uns daran liegt euch zu kennen, zu wissen was euch bewegt und auch mehr oder weniger beschäftigt.
DSDS: Deutschland sucht den Superstar:
Zu tausenden gehen Jugendliche zu den castings:
Vielleicht bin ich’s ja, vielleicht wird mein Talent entdeckt.

Entdeckt werden, ganz groß rauskommen, bewundert, angehimmelt, geliebt, das gehört zu den Jugendträumen. Ganz normal.
Das ist ganz wichtig, in der Schule, der Clique, wo auch immer. Wie werde ich gesehen, wer kennt mich?
Ich erinnere mich an ein Mädchen - Jahre her, ich war Jugendgruppenleiter in meiner Heimatgemeinde, die wurde zum Bravogirl des Jahres gewählt. Das war was. Stolz zeigte sie jedem die Bilderserie vom fotoshooting, die Bravo mir ihrem Titelbild, erntete Anerkennung und auch Neid ... Plötzlich kennt jeder meinen Namen, weiß wer ich bin. Und ich kann allen zeigen, was in mir steckt.
Ein Star! Heute ist es wochenlang eine riesen Show im Fernsehen. Zum Mitzittern, mitfiebern, mitträumen: Was wäre, wenn ich es wäre....
Faszinierend. Gewählt, erwählt. Durch tausende Telefonanrufe. Die wollen alle mich.
Jetzt beginnt das Leben: ein Traum: Scheinbar mühelos. Ich: im Fernsehen, in den Zeitungen, in aller Munde.
Tolles Aussehen, toller Auftritt und ich kann machen was ich will.

Solche Wünsche und Träume haben nicht nur Jugendliche, sie begleiten manchen auch noch im Erwachsenenleben.

Und ihr ahnt sicher schon, jetzt wird’s kritisch.
Als Pastor werde ich mal wieder nicht nur gut finden, was da läuft.
Klar, ich würde euch einen großen Erfolg gerne gönnen, aber ich weiß doch, wie schnell solche Träume verfliegen, zerplatzen wie Seifenblasen, weit entfernt von der Realität sind.
Kaum einer dieser Stars kann machen was er will,
Berater, Stylsten, Choreographen und Gesangslehrer (und wer noch alles) ziehen mit ihnen ein echt strammes Arbeitspensum durch.
Verträge regeln genau, wer wann und wo auftreten darf und muss, und vor allem auch, was nicht erlaubt ist. Alexander wurde freitag abend in der Talkshow drei nach neun eine gelackte casting-Marionette genannt.
Die große Freiheit ist viel kleiner als ihr sie jetzt habt, der große Gewinn viel kleiner, der Erfolg viel schneller vorbei. Vom star zur Sternschnuppe.
Zumeist ist es nicht mehr als ein kurzes Abenteuer, wie ein schöner Urlaub. Immerhin!
Vielleicht ein tolles Erlebnis - aber nur für ganz wenige.
Die meisten erleben ganz anderes.
Die sich einen Namen machen wollen bei den castings, werden nur zur Nummer, etliche auch zur Lachnummer.
Rein raus Ende, abgespeist mit einem ätzenden Kommentar der Jury.
Manche werden ziemlich brutal mies gemacht, von Leuten wie Dieter Bohlen.
Später vielleicht sogar noch im Fernsehen vorgeführt: Ein Film über das casting, der zeigt wie die meisten sich doch eher blamieren, sehr
fragwürdig!
Das Auf und Ab von Hoffnung und Niederlage.
Mich stört vor allem, die Abhängigkeit von der Meinung anderer.
Und die sagen zu fast allen: ey, du bist vielleicht ganz nett, aber für uns taugst du nichts, für das hier bringst du es nicht.
Die meisten werden abgelehnt, aus der Traum,
Kehren mit einer Niederlage oder gar Demütigung zurück.

Der Superstar ist wie ein Lottogewinn: einer von ganz vielen bekommt ihn: als unverhofftes Glück.
Es ist auch nicht unbedingt das eigene Können oder das eigene Talent: Das ganze ist geplant und gemacht: es sind nicht einfach die Besten, die ins Rennen geschickt werden.
Es sind Typen.
Da werden Leute ausgewählt, weil sie in der Kandidatenrunde eine ganz bestimmte Rolle spielen sollen. Jede Gruppe hat ihr Rollenspiel: Das gibt es in jeder Schulklasse, in jeder Kofirmandengruppe in jeder Sportgruppe, im Freundeskreis:
Da gibt es die Queen und ihren Hofstaat, die Konkurrentinnen - und den Anführer und seinen Herausforderer, den Ewigzweiten, den Soften und den Stillen, Lieben, natürlich auch den Looser, ganz wichtig: den Gruppenclown, der sich selbst zum Affen macht, - kann auch ein toller Typ sein - der, die Lacher immer auf seiner Seite hat.
Ihr wisst selbst, wer bei uns welche Rolle hatte.
Freiwillig - oder reingedrängt.
Man fühlt sich in ihr wohl oder wird sie schwer wieder los,
wer das Spiel weiß, kennt und versteht,
weiß auch, das ist nur eine Seite von mir, die hier in diesem Wechselspiel ihre Rolle spielt.
Je besser diese Rollen auch in so einer Show besetzt sind, desto besser funktioniert sie.
Und dann steht hinterher so ein Gurkenheini im Mittelpunkt, dem der Erfolg zu Kopf steigt, der sich dann maßlos überschätzt und glaubt er müsse jetzt einfach alles können, auch Autofahren. Und das soll - laut Zuschauervoting einer der 10 bedeutendsten Deutschen sein.
Also, wirkliche Bedeutung lässt sich nicht durch Abstimmungen ermitteln.

In der Bibel steht im Römerbrief: So liegt es nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen (Röm 9,16)
Mir einer der wichtigsten Sätze: Soll heißen: ich kann’s nicht erzwingen. Und ich muss es nicht erzwingen.

Heißt auch: Ihr müsst nicht erst was werden: ihr seid schon was: von Anbeginn, vom ersten Moment an: Gott hat euch soviel Menschlichkeit mitgegeben auf euren Lebensweg, da könnt ihr alles mögliche draus machen.
Das ist mein Wunsch für euch, das dies bei euch angekommen ist: ich bin nicht eine Nummer, schon gar keine Lachnummer. Und der oder die andere auch nicht.
Ich denke da auch an unser Wochenende im Anne-Frank-Haus in Oldau, und den Besuch in Bergen-Belsen. Wie viele Menschen haben da nicht nur ihre Würde verloren, sondern ihr Leben, gezählt nur noch als Nummer, im Arm eintätowiert.
Gott hat uns ein anderes Menschenbild gegeben:
Jaro hatte es für unseren Vorstellungsgottesdienst als power-point Präsentation vorbereitet:
Ich bin eine Sehenswürdigkeit: made by god.
Wer sich dessen bewusst ist, der braucht sich kein Bild von Gott zu machen, braucht keine Bilder von Gott zu suchen. Der braucht nur nach rechts oder links zu schauen, vor sich oder hinter sich - und er wird etwas von Gott sehen und erkennen.
Und er kann in einen Spiegel sehen - und sagen hey, da bist du ja auch: Vergiß es nie, das du lebst war keine eigene Idee: Du bist du.
Ein guter Gedanke Gottes! In der Taufe wurde das schon deutlich gemacht.
14 Jahre lang haben euch eure Paten neben den Eltern begleitet. Einst hatten sie versprochen gut darauf zu achten, das ihr genug von Gott erfahrt, nicht von Gott genug habt, so dass ihr jetzt von euch aus sagen könnt:
Ich will daran festhalten, was zu mir da in der Taufe gesagt wurde.

Confirmare bedeutet befestigen, bestätigen.
Im 16. Jahrhundert noch in der Reformation gab es Kritik an der Kindertaufe:
die Kirche taufe Menschen auf ein Bekenntnis, das sie noch gar nicht begreifen und verstehen könnten.
Dann hat man gesagt: dann lassen wir die Jugendlichen an der Grenze zum Erwachsenenleben bewusst selbst entscheiden, ob sie glauben wollen.
Seither lassen sich fast alle evangelisch getauften Jugendlichen konfirmieren, jedes Jahr in Deutschland etwa 260 Tausend.
Ein eindrucksvolles Voting. Aber nicht die große Zahl zählt, sondern jeder einzelne von euch, das ihr glaubt und was ihr glaubt.

Einige von euch haben bei Ihrer Taufe eine Kerze, als symbolisches Lebenslicht bekommen, vielleicht brennt sie heute auf eurer Festtafel. Hier in der Kirche entzünden wir die Taufkerzen an unserer Christuskerze, die von der österlichen Auferstehungsfeier an in allen Gottesdiensten brennt. Christus, das Licht der Welt und ihr - die Lichter dieser Welt.
Am eindrucksvollsten ist mir dieses Bild in Jerusalem begegnet.
In der Gedenkstätte für die Holocaustopfer Yad va Shem wird in einem besonderen Memorial der Kinder gedacht, die damals umgekommen sind.
Pausenlos werden alle bekannten Namen verlesen. Der Raum ist fast finster, man tastet sich einen Gang entlang, nur wenige Kerzen geben Licht, das von unzähligen aufgehängten kleinen Spiegel vervielfältigt wird. So fühlt man sich wie mitten im funkelnden Sternenhimmel.
Soll heißen: jedes dieser Kinder war in Gottes Augen als star geboren, einmalig, Einzigartig.
Das ist auch unser christliches Menschenbild:
Jeder von uns ist in Gottes Sicht schon als star geboren: einzigartig, einmalig.
Er muss nicht erst von anderen dazu gemacht oder erwählt werden: du bist es schon. Ihr seid nicht nur heute die stars des Tages -
Deine Fähigkeiten und Eigenschaften machen dich genauso einmalig wie jeden anderen um dich herum.
Darum musst du dich nicht durchsetzen, musst nicht auf anderer Kosten leben, sondern kannst es mit ihnen gemeinsam viel besser.
Dieser Gaube verbindet uns. Ich möchte euch heute an eure Taufe erinnern, möchte euch wieder ein Licht mit auf den Weg geben - in moderner Form.
Jedem eine kleine Leuchte. Funkelnd wie ein einzelner Stern. Gemeinsam wird daraus ein lebendiger Sternenhimmel.
Ihr habt das Licht, seid gut ausgewählt - und ihr habt die Wahl, es einzuschalten, euer Licht leuchten zu lassen, die Welt im Dunkeln zu lassen oder Gottes Licht hineinzubringen.

Und der Frieden Gottes,
der größer ist als alle Vernunft
öffne unsere Herzen
bewahre unseren Glauben
stärke unsere Hoffnung
und wecke unsere Liebe.
In Jesu Namen.
Amen.

Ele Brusermann, Leeste
Ele.Brusermann@evlka.de


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