Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Neujahr, 1. Januar 2004
Predigt übe
r Jakobus 4, 13-17, verfaßt von Gunda Schneider
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


( Nikolaikirche in Leipzig)

„Wenn nichts dazwischen kommt.“
Liebe Gemeinde,
so hat es wohl bei dem Planen und der Vorschau für das Neue Jahr 2004 oft geheißen, deutlich ausgesprochen oder nur in Gedanken, im Stillen. „Wenn nichts dazwischen kommt“, so sagen wir, wenn wir etwas planen, eine Verabredung, ein Treffen, ein größeres Unternehmen oder eben das, was wir im neuen Jahr vorhaben. „Wenn nichts dazwischen kommt“, so müssen wir realistischerweise bei allen Zukunftsplänen sagen, weil wir nicht in die Zukunft sehen können und doch immer etwas dazwischen kommen kann.

Der kluge Mann baut vor und plant das in die Planung ein: „Wenn nichts dazwischen kommt“, das ist der vorherbedachte Unsicherheitsfaktor bei allen Planungen. So bewältigen wir Zufälligkeiten, Kontingenzbewältigung sagen die Wissenschaftler.

Die Steuersenkung wird vorgezogen, das müsste die Wirtschaft beleben, Arbeitsplätze schaffen, die Sozialkassen entlasten – wenn nichts dazwischen kommt, oder die Experten sich einfach verrechnet haben. Ärgerlich ist nur, wenn bei diesen Planungen nicht mit gesagt wird, wie störanfällig sie sind, denn wir wissen inzwischen, dass große Pläne wie Kartenhäuser zusammenklappen, wenn nur Steuerschätzungen nicht genau eintreffen. Es ist eine Regel der Klugheit und der Ehrlichkeit, den Unsicherheitsfaktor bei allen Planungen mit zu nennen und mit zu bedenken.

Und was kann nicht alles dazwischen kommen. Ein Zug kommt zu spät, oder das Auto steht im Stau, und ich verpasse eine Besprechung, die ich nicht verpassen darf. Ein Termin kommt unangekündigt dazwischen und bringt die sorgfältige Planung durcheinander. Eine Krankheit kommt unerwartet oder ein Unfall. Das sind Ereignisse, die einen mitunter wie Schläge treffen und Angst machen. Es ist, als ob man immer auf einem Weg ist, auf dem etwas dazwischen kommen kann wie ein Steinschlag an einem nicht gesicherten Hang. Ein Kind wird erwartet. Wird es gesund sein, wird alles gut gehen? Oder bei einer langen Krankheit: wird der Weg zur Heilung führen? So ist es alle Tage: auf Wegen kann etwas dazwischen kommen, auf Berufswegen, auf den Wegen einer Partnerschaft, auf geplanten Wegen in der Politik und im Leben. „Wenn nur nichts dazwischen kommt.“ Das „Wenn“ ist der Unsicherheitsfaktor, die Unwägbarkeit und auch die drohende Bedingung.

Der für den Neujahrstag 2004 gegebene Predigttext aus dem Jakobusbrief formuliert den Vorbehalt anders: Ihr sollt sagen: „Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“ Da ist von Leben die Rede, aber es klingt doch bedrohlich, denn da wird das Letzte, die Grenze des Lebens, der Tod, als Unsicherheitsfaktor in die Waagschale geworfen. „Wenn der Herr will, werden wir leben.“ Hart klingt das, denn es erinnert an das, was wir nicht planen können. – Wissen wir, wie nah wir an dieser nicht planbaren Grenze stehen?

Müssen wir 2004 unter diesem Vorbehalt beginnen? Ist das „Wenn“ das Gesetz unseres Lebens? Wenn nur nichts dazwischen kommt, zwischen das, was ich will, plane, vorhabe. Ich erinnere mich, wie mir als Kind ein alter Mann die Formel: „So Gott will und wir leben“, diese altehrwürdige conditio Iacobaea, zum ersten Mal in meinem Leben sagte. Ich wusste sofort, dass er von seinem Tod sprach, und ich wunderte mich, dass er es offensichtlich ganz gelassen tat: „So Gott will und wir leben“, er sprach es ohne Angst, aber mich schreckte es, und ich hörte es wie eine Drohung.

Ist es die Eigentümlichkeit des christlichen Glaubens, dass wir unter einem drohenden „Wenn“ wie unter einem Schicksalsspruch leben? Schon antike griechische und römische Philosophen lehrten solchen Schicksalsglauben, und sie lehrten zugleich die Kunst, damit umzugehen, ihm unerschütterlich in die Augen zu sehen: „Torheit ist es, über ein ganzes Leben zu verfügen, ohne auch nur Herr des morgigen Tages zu sein.“ Um dieser Torheit zu entgehen, gilt es, alle Tage die Sterblichkeit zu bedenken. „Memento mori“, bedenke, dass du sterben musst, so lehrten sie, dann erkennst du dich wahrhaft und planst richtig. Immer wieder Todessituationen durchdenken und dabei Angstfreiheit trainieren, „loslassen“ sagt man heute, weil das Leben hier doch nicht das eigentliche sei. Mit psychologisch ausgefeilten Sterbeübungen leben lernen, Unerschütterlichkeit trainieren, das ist die Weisheit antiker und nicht nur antiker Humanisten. Lernen wir so zu leben? Todessituationen üben in einer Welt voller Todesbedrohung als Anleitung zu gelingendem Leben? Ist das eine Möglichkeit? Die von Kriegen betroffenen Kinder wissen nicht von dieser Lehre, aber sie wissen von ihrer Realität: Leben lernen aus Todesbedrohung – sie können davon nicht leben. Ist es nicht eher so, dass der im finstersten Winkel noch sichtbare Hoffnungsschimmer zum Leben leitet? Die Hoffnung auf Leben ist es, die die im Dunklen durchhalten lässt: ein geschenktes Stück Brot, ein Blick, ein freundliches Wort.

Hören wir den Predigttext für den heutigen Neujahrstag: Jakobus 4, 13-17:

„Und nun ihr, die ihr sagt: heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen, und wisst nicht, was morgen sein wird. Was ist euer Leben? Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet. Dagegen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun. Nun aber rühmt ihr euch in eurem Übermut. All solches Rühmen ist böse. Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut's nicht, dem ist's Sünde.“

Ein harter Text zum Beginn des Neuen Jahres. Jakobus skizziert und beurteilt eine Lebenshaltung, einen Lifestyle. Zwar waren die Christen der ersten Gemeinden eher sehr kleine Geschäftsleute, Krämer vom Tante Emma Laden an der Ecke, Jakobus spricht aber hier von Handel Treibenden, Wachstumssteigerung in neuen Regionen, Gewinnmaximierung und – im Rahmen des römischen Weltreiches jedenfalls – von Globalisierung. Kritisch, ja geradezu prophetisch wirft er ein: Was ist euer Leben? Kritik des Wirtschaftsoptimismus und der Selbstvergessenheit der Planer, die über allem marktgerechten Planen vergessen zu haben scheinen, dass auch etwas dazwischen kommen kann. Alte Lebensweisheiten tauchen auf in der Erinnerung: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ Und die Geschichte vom reichen Kornbauern, der das Glück gehabt hatte, so viel zu ernten, dass seine Scheunen nicht ausreichten, und er größere bauen musste, und der sich darüber sicher fühlte. Jetzt konnte nichts mehr dazwischen kommen. Und dann die Drohung: „Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele, dein Leben, von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?“

Hat Jakobus Recht mit seiner drohenden Warnung? „Ein Rauch seid ihr, ein Dampf“, heißt es wörtlich noch eindrucksvoller, rasch verschwunden, verdampft. „Ihr sollt sagen, wenn der Herr will.“ Leicht verführt diese Aufforderung zu einem Schicksalsglauben, der alles grau sieht. So ist Leben, zufällig, hinfällig, nichtig. Jakobus will seine Hörer aufrütteln, nicht so selbstsicher auf die eigenen Planungen, sondern auf Gott zu setzen. Aber wie setzt man auf Gott und was bringt das, so mag man fragen.

Manch einer sagt lieber: „Wenn ich Glück habe“ oder „Wenn ich es schaffe“, da steckt eine positive Wendung drin, aber dabei wird auch die Anstrengung noch deutlicher, mit der wir an Planungen und Vorhaben gehen. Das ganze Leben wie ein Examen, das man schaffen muss. Alle die, die auf der Suche nach einem Arbeitsplatz sind, kennen das sehr wohl, die Mühe, die Anstrengung, und dann war die Bewerbung wieder nichts. Die Formel „Wenn der Herr will“ wird in diesem Zusammenhang zynisch. Und alle, die um die Gesundheit eines lieben Menschen bangen – wenn der Herr will –

Jakobus hat den Leistungsaspekt des Lebens stark betont. Darin ist dieser Brief außerordentlich modern: Leben ist Leistung, Mühe und Arbeit. Ihr sollt Gutes tun und euch nicht mit einem untätigen Glauben beruhigen, so ermahnt er die Christen. Glauben ist kein Ruhekissen. Aber damit das Tun nicht selbstherrlich wird, ist das göttliche „Wenn“ als drohender Vorbehalt stets mit zu denken. „Wenn der Herr will.“ Christlicher Glaube reißt Menschen aus Untätigkeit, und dabei wird auch ein wenig mit dem göttlichen Vorbehalt gedroht.

Martin Luther hat deshalb den Jakobusbrief kritisiert. Ja, er wollte mit diesem Brief, in dem es so sehr um Leistung und gute Werke geht, am liebsten den Ofen heizen und ihn aus der Sammlung der biblischen Bücher entfernen. Luther war der Meinung, dass Jakobus die gute, tröstliche, ermutigende Botschaft des Evangeliums verfehle, ja sogar unterschlage. Kurz: der Lifestyle, den Jakobus predige, sei nicht evangeliumsgemäß. Aber Luther hat den Brief nicht verbrannt. Ehrwürdige biblische Bücher verschwinden, Gott sei Dank, nicht so schnell wie unliebsame Akten, die man gestrenger Einsicht entziehen will. Doch gestritten hat Luther weiter gegen den Jakobus und gestritten werden muss, wo es um Lebensstile und Lebensplanungen geht, wo es darum geht, was dazwischen kommt, wenn Leben einmal nicht so geht, wie wir planen. Das ist nicht nur Theologengezänk. Wenn wir die Formel „Wenn Gott will“ nicht als blinden Schicksalsglauben nehmen wollen, den wir im Horoskop nachlesen, müssen wir wissen, was dazwischen kommt. Aber eben das wissen wir nicht.

Liebe Gemeinde, wir wissen nicht, was dazwischen kommt, aber wir wissen, wer dazwischen kommt. Gott kommt dazwischen in einem Kind. Kein ferner Weltenlenker, kein drohender Schicksalsgott, sondern ein Kind, und dieses Kind bittet um Raum und Zeit bei uns. Wir kommen von der Krippe gerade her. Geschenk ohne Bedingungen, geschenktes Leben, in dem Gott sich gibt.

Wo ein Kind dazwischen kommt, da muss man sich auf Überraschungen gefasst machen, große Überraschungen. Den Hirten war es so gegangen. Eigentlich war ihr Leben festgelegt und geplant. Sie waren eingestellt darauf, dass „uns nichts geschenkt wird“. Und nun das: ein Kind und Licht und Freude für sie, die da draußen am unteren Rand der Gesellschaft siedelten. Da kommen wohl Pläne und Ordnungen durcheinander, weil ein Kind Pläne und Ordnungen umkehrt in Richtung auf Leben.

Freude provoziert dieses Kind, Licht, Hoffnungsschimmer, neues Leben.

„Das ewig Licht geht da herein
gibt der Welt ein neuen Schein,
es leucht wohl mitten in der Nacht
und uns des Lichtes Kinder macht.“

Die Erinnerung an die Geburt des Kindes, geschenktes Leben ohne Bedingungen, strahlt in unser Leben, auch wenn die Krippenfiguren schon weggeräumt sind.

Es kommt nicht mit einem gewaltigen Schlag, sondern wie jedes Kind mit der Bitte um Raum und Zeit bei uns, und es will Leben.

Über allem Planen gerät gelegentlich das Wunder der Geburt eines Kindes in Vergessenheit, das Geschenk, die Freude, der Hoffnungsschimmer einfach so, gratis, ohne Wenn und Bedingung. Aber Gott kommt dazwischen und bittet. Wir planen und messen und untersuchen, ob das kleine Wesen den Normen und Gesundheitsvorstellungen entspricht, darüber verdunkeln wir oft eine ganze Dimension des Lebens, die mit der Geburt eines Kindes neu aufbricht und dazwischen kommt, das Geschenk, man kann auch sagen die Gnade. Gnade ist die Fülle des Lebens, die stärker ist als Angst und Planen und Sorge. Unter dem Zwang des Planens lässt man sich dazu verleiten, über Leben zu verfügen und es zuzulassen oder auch nicht. Aber das Kind will leben, und Gott bittet, und diese Bitte wirkt Wunder, so wie Eltern sich wunderbarerweise ändern können durch die Geburt eines Kindes. Freude gewinnt die Oberhand über der sorgenvollen Frage, ob das Kind in den Plan passt und allen Normen entspricht. Mit der Geburt eines jeden Kindes bricht etwas an vom Gnadenjahr des Herrn.

So ist es auch 2004. Gnadenjahr des Herrn, weil Gott heilsam dazwischenkommt. Und nun ist es eigenartig mit Raum und Zeit und Planung. Wo vorher alles verplant war – wir selbst unser Plan, biotechnisch optimiert, ökonomisch durchorganisiert – tun sich Raum und Zeit und damit Herzen auf, weil Menschen, die sich Liebe schenken lassen, freundlich werden und liebevoll aufeinander eingehen.

Freilich dürfen wir uns nicht irren und denken, nun werde am Neujahrstag der Terminkalender abgeschafft und alles Planen obendrein. Der Plan bleibt so voll, wie er schon ist, und er wird gewiss noch voller, und vernünftiges, umsichtiges Planen bleibt unsere Aufgabe für 2004. Es gilt weiterhin nüchtern zu berechnen, um Haushaltspläne ordnungsgemäß zu verabschieden, und es gilt weiterhin genau zu planen, um etwa Familien- und Berufsplanung miteinander zu organisieren. Aber wir, die wir den Plan schreiben und leben, wissen, dass das Kind schon dazwischen gekommen ist in unseren Plan hinein. Die empfangene Freude macht wacher und sensibler, zwischen Planung und Terminen die Freudenzeichen zu sehen und die Bitten zu hören, mit denen Gott dazwischen kommt und mitgeht.

„Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

Liebe Gemeinde, Gott, der sich uns gibt in einem Kinde, kommt dazwischen in unseren Plan hinein, und die Bitte des Kindes erinnert an den Freiraum „Ihr dürft leben!“ Menschen planen auch Tod, sie verwerfen auch Kinder, die sie nicht annehmen wollen und können. Aber Gott will Leben. Er nimmt ein jedes Kind, einen jeden Menschen an: „Ihr dürft leben!“ Sein Gnadenjahr ist der wunderbare Freiraum, in dem wir angenommen sind und machtvoll verändert werden, so dass wir annehmen können, wo wir vorher keine Möglichkeit sahen.

Die Bitte des Kindes in der Krippe erinnert an den Freiraum für die, die darum nicht kämpfen können, noch nicht und nicht mehr, und an den Freiraum, den wir selbst brauchen, eine jede und ein jeder von uns, den Freiraum, aus dem wir alle mit unsrem Planen schöpfen und aus dem eine Gesellschaft ihre Menschlichkeit schöpft. Gott schenkt uns diesen Freiraum schon zuvor.

Stellen wir uns einmal ein Leben vor, indem nichts dazwischen kommt, sondern alles nur nach unserem Plan abläuft. Wir selbst unser Plan, vom ersten bis zum letzten Tag, maßgeschneidert, das ökonomische Soll und vielleicht auch das Glücksplansoll erfüllend und schließlich in letzter Entscheidung dem Lebensplan seinen Endzeitpunkt setzend, indem wir Schluss machen. Ist das nicht zu wenig? Jedenfalls ist das lieblos und langweilig, unendlich langweilig wie Sünde, weil nichts dazwischen kommen kann, wo Menschen sich nichts schenken lassen.

Da können dann wahrhaftig nur noch Schicksalsschläge dazwischen kommen. Sie kommen hart und unvermittelt. Der Dichter spricht davon:

Es schwinden, es fallen
die leidenden Menschen
blindlings von einer
Stunde zur andren,
wie Wasser von Klippe
zu Klippe geworfen
Jahr lang ins Ungewisse hinab.

Zwischen verplantem Leben und Schicksalsgeworfenheit kommt Gott und bittet in Gestalt eines Kindes um Zeit und Raum bei uns. Dass die Freizeiten bleiben, die Ruhe- und Festzeiten und die Sonntage, denn aus ihnen schöpfen Menschen Rhythmus, Erholung und Aufatmen, und dass immer wieder die Zeit bleibt, in der Menschen mit all ihrem Planen aufeinander zugehen und aneinander denken. Denn von daher kommen und leben wir, dass zuvor schon jemand liebevoll an uns gedacht hat und sich Zeit für uns genommen hat. Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Gott hat Zeit für uns in seinem Plan, seinem fürsorglichen Gedenken, für ein freundliches Wort, ein Wort, das die Angst nimmt und die Verschlossenheit überwindet.

Zwischen verplantem Leben und Schicksalsgeworfenheit kommt Gott dazwischen und bittet in Gestalt eines Kindes, dass das Recht auf Leben bleibt ohne drohendes Wenn und Aber, damit niemand in die Enge getrieben wird, weil er sich für sein Dasein rechtfertigen muss, hier in Leipzig, in Deutschland und an allen Orten der bewohnten Erde. Gott kommt dazwischen und bittet für einen jeden Menschen.

Und die Schicksalsschläge? Wenn nur nichts dazwischen kommt – so Gott will. Liebe Gemeinde, wir wissen, dass der Weg von der Krippe zum Kreuz geführt hat. Der als Kind dazwischen kam, wurde ans Kreuz geschlagen. Wir können daran erkennen, dass der Gott, der uns durch das neue Jahr 2004 geleiten will, kein ferner allmächtiger Weltenlenker ist, sondern der, dessen Allmacht Hingabe ist. So kommt Gott dazwischen, indem er sich gibt aus Liebe. So ist er nahe. So entstehen wohl Raum und Zeit und neue Lebensmöglichkeiten, wie Liebende einander Raum und Zeit geben, weil sie sich an einander verschwenden.

Aber die Wirklichkeit ist doch ganz anders, mag man angstvoll sagen, da ist doch Tod und Gewalt und Machtmissbrauch und Leiden, das einem mitunter zu schwer ist. So Gott will?

Liebe Gemeinde, wie viel größer ist die Möglichkeit der Liebe gegenüber Hass, Tod und Gewalt! Das Kreuz steht als Zeichen des Mitleidens und der Bitte an allen Stätten der Gewalt und als Hoffnungszeichen für alle Opfer und für alle Leidenden. Die Liebe wird nicht zu Schanden werden. Und wo uns im Neuen Jahr Schläge treffen, Schicksalsschläge, wie man so sagt, sind wir ihnen nicht allein ausgesetzt und verloren. Der, dessen Weg von der Krippe zum Kreuz führt und wunderbar zum Ostermorgen, steht auch neben uns und zwischen uns und jedem Schicksalsschlag. Er geht mit, neben uns. Es ist, als ob er die Schläge trägt, damit wir Freiraum haben. Denn, der die Zeit in Händen hat, wandelt sie und alle Last und alles Leid in Segen. So wird Schicksal zu gnädiger Führung. Amen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Prof. Dr. Gunda Schneider
Elsterstraße 40
04109 Leipzig
gdrschn@attglobal.net

 


(zurück zum Seitenanfang)