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Andachten (2003)
"Profil oder Turnschuhe", verfaßt von Rainer Müller-Brandes (-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de) |
Profil oder Turnschuhe Liebe Hausgemeinde, Diese Zeilen gehen an die Gemeinde in Ephesus. Ich war mal in Ephesus. Im Urlaub mit Freunden. Und ich muß sagen, das sieht heute noch beeindruckend aus, obwohl nur noch Ruinen übrig sind: Ephesus, das war damals das New York von heute - eine der größten und bedeutendsten Städte. Alles gab es in Ephesus, große Bäder mit freien Eintritt, Büchereien Theater, sogar Straßenbeleuchtung.. Und einen Tempel hatten die, da kommt unsere Kapelle, auch die Neustädter Kirche nicht mit. Ein Tempel -für eine Göttin - nur aus Marmor. Eines der sieben Weltwunder war das. Wenn in diesem Tempel geopfert wurde, war das so prachtvoll, daß die Besucher schwer beeindruckt waren und nur so schwärmten. Ja und daneben stelle man sich ein kleines armseliges Haus vor, wo sich die Christen trafen. Vielleicht 20 erst, vielleicht 30, eine kleine verschüchterte Gemeinde im Schatten des Tempels. Die auch noch schief angeschaut wurden, wenn heraus kam, daß sie zu den Christen gehören. Tja und heute sieht es so aus, als hätte wir gewonnen. Der Tempel in Ephesus steht nicht mehr und bei uns gibt es in jedem Dorf eine Kirche. Über 55 Millionen Menschen gehören unserer oder der katholischen Kirche an. Die absolute Mehrheit hier bei uns. Aber manchmal denke ich, soviel hat sich zu früher doch nicht verändert . Ich habe den Eindruck, manchmal fühlen wir uns gar nicht groß anders als die kleine verschüchterte Schar von Christen damals in Ephesus. Eben haben wir das Lied "Liebster Jesus wir sind hier" gesungen und sie kennen wahrscheinlich die Umdichtung eines Ostberliner Pfarrers, der daraus in einem Gottesdienst machte: Liebster Jesus wir sind vier. Manchmal frage ich mich: Was ist los mit uns Christen: Ist es uns unangenehm,
als Christen erkannt zu werden? Warum ist das eigentlich so? Warum sind wir manchmal verlegen zu sagen, daß wir in der Kirche
waren? Die Kirchen in Deutschland sind nach dem Staat der größte
Arbeitgeber. Und trotzdem kommt bei uns Christen manchmal dieser verlegene
Blick, wenn wir erzählen, wofür wir stehen. "Zieht an die Waffenrüstung Gottes." Es stimmt, unsere Kirche ist heute eine Stimme unter vielen und wir müssen zusehen , daß unsere Stimme nicht überhört wird. - Weil das schade wäre. Weil wir etwas zu sagen haben. Mehr als Kino. Und genau da setzen die Worte aus dem Epheserbrief an. Zupackend. Neulich habe ich beim Bürgeramt angerufen, weil ich meine Steuerklasse ändern lassen wollte und die Dame am Telefon fragte mich, ganz Dienst am Bürger: "Wenn Sie Steuern sparen wollen, können Sie z.B. auch aus der Kirche austreten." Wir brauchen nicht zu sagen: "Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt." Sogar eine große Turnschuhfirma, Nike, weiß um diese Leere.
Nike der große Konkurrent von Adidas, sammelt jetzt Turnschuhe
von berühmten Sportlern und stellt sie in Kaufhäusern auf,
wie Reliquien unter Glas. Dann kann man da den Schuh von Michael Jordan
oder vielleicht irgendwann mal von Lothar Matthäus sehen. Der Firmenchef
von Nike begründete diese Aktion; in einem Interview sagte er: Ich glaube, wir müssen wieder mehr Profil zeigen. Mehr Selbstbewußtsein gegen dieses leise Wegrücken von unserem Glauben. Sonst sind unsere Kirchen irgendwann geschlossen und wir können für emotionale Spitzenereignisse Turnschuhe anschauen. Im Epheserbrief, das zum Schluß, wird eine militärische Sprache
gebraucht. Waffenrüstung, später ist vom Helm und Schwert die
Rede. Und der Autor benutzt diese Worte ganz bewußt, weil er sich
- nicht nur für die Leute neben dem großen Tempel in Epheseus
- weil er sich einen offensiven, selbstbewußten Glauben wünscht. Liebe Hausgemeinde, wenn wir es nur zuließen, ich glaube, wir
wären unglaublich stark. Gott hat uns Möglichkeiten in den
Schoß gelegt, die wir noch viel zu wenig nutzen. Trauen wir uns
und unserem Glauben doch mehr zu. Unsere Gemeinden, unsere Kirche, unser
Land braucht Menschen, die keine Angst vor dem haben müssen, was
kommt. EG 395 1-3 Gebet: Schenke uns immer wieder neu Deine Nähe, rüste uns aus mit
Glauben, der uns selbstbewußt und zufrieden in die neue Woche gehen
läßt . Pastor Rainer Müller-Brandes, Hannover |
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