Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

Juli 2003
Abendandacht, verfaßt von Heinz Behrends
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)

„Abend war, bald kommt die Nacht“ EG 487

Abendandacht auf einer Jugend-Sommerfreizeit

Voller Leben war dieser Tag. Was haben wir alles miteinander erlebt! Wenn das so weiter gegangen wäre, könnten wir es kaum noch aushalten.

Manche von Euch sind vielleicht noch unter Dampf. Sie haben ihre Kräfte noch nicht ausgereizt. Sie möchten noch was unternehmen. Aber wenn auch ihr erst alle Viere von euch streckt, spürt ihr, dass euer Körper Ruhe braucht. Allmählich weicht die Spannung aus den Muskeln in den Beinen.

Dann legen wir uns hin, schwatzen noch ein bisschen. Und der eine nach dem anderen schläft langsam ein. Zwischendurch mögt ihr noch mal wach werden, weil einer von euch raus muß.

Für einen Augenblick merkt man, wo man ist. Rings herum schlafende Geräusche. Und man nickt wieder ein.

Das hat was friedliches, was selbstverständliches.

Und ist doch ein großes Wunder. Wie kann man sich einfach abends hinlegen und sich dem Schlaf in die Hand geben. Woher weiß ich, dass mein Atem funktioniert, auch wenn ich es nicht merke, dass man Herz ohne mein Zutun schlägt und ich wie selbstverständlich wieder aufwache. Auf alles paß ich auf am Tage, dass es richtig läuft. Über meinen Schlaf wache ich nicht.

Gibt es ein größeres Beispiel für Vertrauen? Wenn wir darüber nachdenken, müsst jeder von uns fromm oder mindestens religiös werden.

Das Abendlied nennt es beim Namen: „Abend ward, bald kommt die Nacht, schlafen geht die Welt; denn sie weiß, es ist die Wacht über ihr bestellt.“ Schlafen gehen kann die Welt, weil sie von der Wache weiß. Eine frühere Generation hat sich das so vorgestellt, dass Engel um unser Bett stehen und über uns wachen.

Ist auch wohl nötig, denn die Dunkelheit der Nacht kann dir die Angst unter die Haut treiben. Wach liegen. Alle Probleme, die dich beschäftigen, fallen über dich her, während die anderen neben dir ohne Sorgen schlafen. Träume schrecken dich auf. Du kannst es gar nicht gleich deuten, welche Bilder in dich eindringen.

Du gibst dich im Schlaf völlig schutzlos. Da bist du ausgeliefert. Aber „Einer wacht und trägt allein ihre Müh und Sorg. Er lässt keinen einsam sein.“ Weil Gott wacht, kann ich ruhig schlafen. Beim Liederdichter weitet sich der Trost im 2. Vers noch aus. „Er lässt keinen einsam sein, weder Nacht noch Tag.“ Wenn das mit dem Schutz in der Nacht gilt, dann auch am Tag, wenn die Gefährdungen noch viel größer sind.

Die Staunen über den Schutz Gottes führt ihn in die Bitte. Ein kräftige Bitte: „Tu mit Bitten dir Gewalt.“ Gewalt. Ein alter Ausdruck ist das für Kraft oder Macht. Mach dich stark für mich: „Bleib bei meinem Ruhn.“

Aber nur kurz ist aus der Gewissheit eine Bitte geworden. Schon kehrt die Ruhe zurück: Wenn dein Trost mir frommt, wenn dein Trost bei mir ist, bin ich gewiß, dass ich morgen früh wieder fröhlich erwache in einen neuen Tag.

Wir hören den Text des Abendliedes, während wir hier frei und fröhlich unsere Freizeit genießen. Der Liederdichter Rudolf Alexander Schröder hat es mitten im 2. Weltkrieg, 1942, gedichtet. Wenn die Lichter ausgingen, konnte er die Bombennächte in seiner Heimatstadt Bremen erwarten. Die Abendstimmung ließ eine Ahnung vom Ende der Welt aufkommen.

Um so stärker klang sein Trost „Gott hat die Wacht über ihr bestellt.“

Um so schöner, dass wir heute abend ohne solche Angst uns hinlegen können. Voller Vertrauen geben wir uns in Gottes Hand.

Superintendent Heinz Behrends
Entenmarkt 2
37154 Northeim
Heinz.Behrends@evlka.de


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