Gott, der allmächtige Vater Predigt von Paul KlugeLiebe Geschwister, 1. HERR, unser Gott, dein Name sei gepriesen! Wie hast du groß
und herrlich dich erwiesen! (Melodie: Straßburg-Genf 1542 / Genf 1551, Text: Alfred Rauhaus 1991, Satz: nach Claude Goudimel 1565) Wie paßt dieser Psalm mit meinen Gedanken über Krieg und Katastrophen zusammen, sind meine Ängste und Sorgen nicht eine Zumutung für den Psalm? Ich spüre die Spannung zwischen Todesangst und Lebensmut und wie sie mich abwechselnd besetzen. Und ich denke an krebskranke Menschen, die ich begleitet habe, an ihr Pendeln zwischen Todesangst und Lebensmut, an die Gleichzeitigkeit von beidem, wenn eine erneute Operation fällig war. Ein Kollege erzählte von Herrn H.: "Sein Leben lang hatte er bei einem Bauern gearbeitet, bewohnte mit seiner Frau ein kleines, altes Häuschen mit großem Garten, im Stall ein Schwein, ein paar Hühner. Der Garten und die Tiere waren ihm tägliche Freude. An Sommerabenden saß er oft an dem Kanal vor seinem Haus, und wenn der Pastor vorbeikam, setzte der sich dazu. Sie redeten nicht viel miteinander, sondern erlebten gemeinsam den Abendfrieden. Dann erkrankte Herr H. an Krebs, wurde operiert, bestrahlt, chemotherapiert. Kam nach Hause und erholte sich bei liebevoller Pflege durch seine Frau. Der Pastor besuchte beide regelmäßig. Bis er wieder ins Krankenhaus mußte, wieder operiert, bestrahlt, chemotherapiert wurde. Bald nach seiner erneuten Entlassung feierten er und seine Frau ihre goldene Hochzeit, wenige Tage danach brach er zusammen. Es war Winter. Ins Krankenhaus wollte er nicht mehr, sein Hausarzt drängte ihn nicht. Bei einem der Besuche sagte er zu seinem Pastor, er möchte noch einmal mit ihm am Kanal sitzen und sehen, wie die Sonne untergeht. "Aber das wird wohl nichts mehr," meinte er, und fügte gleich hinzu: "Bald wird es Frühling, dann kann ich wieder nach draußen." So kamen und gingen Bangen und Hoffen, und das über einige Wochen. Dann kam sein Geburtstag, der achtzigste. Aufstehen konnte er nicht mehr, er war zu schwach. Selbst das Sprechen fiel ihm schwer. Der Pastor machte seinen Geburtstagsbesuch, hielt für Herrn und Frau H. eine kleine Andacht. Nach dem Amen begann Herr H., unter seinem Kopfkissen etwas zu suchen, fand schließlich seine Mundharmonika und spielte "Großer Gott, wir loben dich." In der folgenden Nacht starb er." Nicht immer und nicht jedem ist es gegeben, angesichts nahenden Todes Gottes Größe zu loben. Angst und Bedrohung können blind machen für Gottes Schöpfung, und stumm, ihn zu loben. Doch es gibt Menschen, die aus ihrem Glauben ihre Angst überwinden und Mut behalten. Mut, trotz Not und Leid, trotz drohender Gefahr Gottes Größe und seine Güte zu preisen. Menschen wie Herr H. oder wie der Psalmdichter. Als er seinen Psalm schrieb, gab es Katastrophen - er besingt die Schöpfung, den Himmel, den Mond und die Sterne. Als er seinen Psalm schrieb, gab es Kriege - und er singt von Hoheit und Ehre des Menschen. Auch nackte Not gab es, als der Psalm gedichtet wurde, Menschen hungerten, verhungerten - und der Psalmdichter besingt den Menschen als den, der über Schafe und Rinder verfügt. Ein Psalm gegen die Angst? Sicherlich. Ein Psalm auch gegen Unrecht und Ungerechtigkeit. Vor dem allen aber ein Psalm für das Leben. Für ein Leben, wie es sein soll und wie es sein kann; für ein Leben des Staunens über Himmel und Erde, für ein Leben in Dankbarkeit für alles Schöne und Gute, für ein Leben in Ehrfurcht voreinander. Ein Lied, das Lebensmut ausdrückt und Lebensmut macht. Wenn wir
Gott als den "Schöpfer des Himmels und der Erde"
bekennen, stimmen wir in dieses Lied mit ein, das uns Mut gibt, Zuversicht,
auch Sicherheit. "Was unser Gott geschaffen hat, das will er auch
erhalten."
Indem wir Gott als den "Schöpfer des Himmels und der Erde"
bekennen, sagen wir uns und anderen, wir, daß unsere Ängste
und Nöte, unsere Sorgen und unser Leid kleiner bleiben als der
Allmächtige,
und daß wir nicht tiefer fallen können als in Gottes Hand.
Amen |