Göttinger Predigten im Internet
hg. von U. Nembach, Redaktion: R. Schmidt-Rost

16. Sonntag nach Trinitatis (Erntedank), 5. Oktober 2003
Predigt über Lukas 12, 13-21
, verfaßt von Dorothea Zager
(-> zu den aktuellen Predigten / www.predigten.uni-goettingen.de)


Ein Sparschwein für’s Glück?
Predigt und Liturgie zum Erntedankfest 2003 im Familiengottesdienst

Predigttext: Lukas 12, (13-14) 15-21:
Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile.
Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?
Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.
Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen.
Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.
Und sprach: Das will ich tun: ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!
Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?
So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

Liebe Gemeinde am Erntedankfest!
Liebe Kinder!

Sicher haben Sie auch eines zuhause, oder kennen es von Bekannten und Freunden – eigentlich hat es jeder von uns und kennt es: das Sparschwein. Aus Plastik oder Porzellan, im Büffet, auf dem Wohnzimmerschrank oder auf dem Schreibtisch. Da steht es, das Sparschwein, oder das Sparhäuschen oder der Sparglückskäfer – gleich welche Form sie auch immer haben, eines haben alle: diesen Schlitz dort oben. Er lockt und fordert uns heraus. Er lockt, immer mal wieder etwas hineinzuwerfen. Mal 50 Cent. Mal 1 Euro – oder, wenn wir besonders gut bei Kasse sind, vielleicht auch mal einen zusammengefalteten Schein.

Und so ein Sparschwein verleiht uns ein schönes Gefühl: Bald! Bald kannst Du Dir etwas leisten: eine schöne Kleinigkeit, etwas, was Du Dir schon lange wünschst, oder Du kannst Deinem Liebsten etwas schönes schenken!

Mit dem Sparbuch ist es ganz ähnlich. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Male, als ich als Kind meine kleinen Ersparnisse am Weltspartag auf die Kasse brachte – und dann, schon auf dem Heimweg schaute ich mir im Sparbuch die größer gewordene Summe an und war glücklich. Da war es wieder da, dieses Gefühl von Zufriedenheit und Sicherheit ...

Schade eigentlich, dass es nur für Geld Sparschweine gibt.

Wenn es so etwas doch auch für’s Leben gäbe. Ein Sparschwein für’s Glück. Eine Kasse, auf die man Freude einzahlen könne. Spaß und Ideen, Lebenskraft und Gesundheit, Arbeitsenergie und Hoffnung. Das wäre doch herrlich, wenn wir all das auf einer Kasse einzahlen könnten an Tagen, an denen wir glücklich sind. Und wenn wir dann davon abheben können, wenn wir unglücklich sind, oder krank oder traurig, an Tagen, die dunkel und grau sind.

Wenn ich krank bin oder deprimiert, wenn ich überarbeitet bin oder hoffnungslos – was hilft mir dann mein Sparschein? Die klingenden Münzen und die zusammengefalteten Scheine da drin – an solchen Tagen machen sie mich nicht froh.

Wovon lebt der Mensch? – diese Frage wird uns an diesem kleinen Sparschwein ganz deutlich. Woher nehmen wir Lebensfreude und Lebenskraft? Gesundheit und Energie? Glück und Zufriedenheit? Was ist wirklich wichtig?

„Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat“, sagt Jesus – und damit zitiert er ein Wort, das schon im Alten Testament zu finden ist: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das aus dem Munde Gottes geht.“

Der erste Teil dieses Wortes für sich allein genommen, klingt fast wie eine Binsenweisheit: Es ist selbstverständlich, dass der Mensch nicht nur von Brot leben kann. Wenn wir die bunte Vielfalt der Altarfrüchte sehen, wenn wir uns noch einmal vergegenwärtigen, wofür wir vorhin alles gedankt haben, wird es deutlich: da ist so vieles dabei, ohne das wir nicht leben können!

[Hier können die Themen aus dem Eingangsteil des Gottesdienstes aufgegriffen und ausgestaltet werden (s.u.):

Erde:
Getreide und Brot, Früchte und Gemüse, bunte Blumen, kräftige Bäume und die Vielfalt der Tiere
Feuer:
Licht und Wärme, Kraft der Liebe, Herzenswärme, Geborgenheit in der Familie, zuverlässige Freundinnen und Freunde
Wasser:
frisches Wasser, Seen und Flüsse, das kühle, weite Meer
Luft:
Sauerstoff der Luft, Kraft des Windes, herrliche Düfte: Waldduft, Meeresduft oder den klaren Geruch des Winters]

Der reiche Kornbauer hat darüber wohl nicht nachgedacht, als er seine Scheunen füllte und dann dachte: jetzt ist alles in Ordnung! Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Jetzt kann ich in Ruhe schlafen und brauche mich um nichts mehr kümmern.

Satt werden könnte der reiche Kornbauer schon mit seinen gefüllten Scheunen. Jeden Tag könnte er am gedeckten Tisch sitzen und satt werden.
Aber ist auch Mensch da, der ihn liebt?
Ist auch ein Mensch da, den er lieben kann?
Ist einer da, der ihm vergibt, wenn er schuldig geworden ist?
Ist einer da, der ihm hilft, wenn er krank wird?
Ist einer da, der ihm Mut macht, wenn er an sich selbst zweifelt und keine Hoffnung mehr hat für die Zukunft?

Menschen um sich zu spüren, die unserem Leben Sinn geben, das erst macht glücklich. Satt nicht nur am Leib, sondern auch an der Seele.
Satt werden könnte der reiche Kornbauer schon mit seinen gefüllten Scheunen. Jeden Tag könnte er am gedeckten Tisch sitzen und satt werden.
Aber trägt er in seinem Herzen einen Glauben?
Weiß er, worauf er sich verlassen kann, wenn er einmal in Not und Ängste kommt?
Weiß er, welches Ziel sein Leben hat und womit er sich und andere Menschen glücklich machen kann?
Weiß er, wohin er geht, wenn dieses Leben einmal zu Ende geht?

Gott in sich zu spüren, der unserem Leben ein Ziel gibt und uns in der Todesstunde trägt, das erst macht wirklich glücklich. Satt nicht nur am Leib, sondern auch an der Seele.
Deshalb sagt Jesus über den Kornbauern: Er war ein Narr! Wie schnell kann er sein Leben verlieren; und was kann er dann mit all dem anfangen, was er angehäuft hat? Nichts! So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

Liebe Gemeinde, Schätze sammeln bei Gott – das geht leider nicht mit einem Sparschwein. Glück und Geborgenheit, Liebe und Vergebung lassen sich nicht durch einen Schlitz werfen und bei Bedarf mit einem Schlüsselchen wieder herausholen.
Aber wenn wir ein Leben lang die guten Gaben Gottes mit Dankbarkeit empfangen,
wenn wir uns immer wieder bewusst macht, wie reich und liebevoll Gott uns täglich beschenkt,
wenn wir darüber hinaus die guten Gaben Gottes nicht nur für sich selbst behalten, sondern sie weitergeben und teilen,
dann werden wir spüren, was es heißt, bei Gott Schätze zu sammeln:
Wir werden Gottes Liebe spüren, dann wenn wir Menschenliebe vermissen.
Wir werden Lebenskraft erhalten, wenn sie uns verloren gegangen ist.
Wir werden Vergebung empfangen, wenn er über uns am meisten verzweifelt ist.
Wir werden einen Weg finden, wenn wir nur Steine und Schluchten vor sich sehen.
Wir werden im Licht sein, wenn alles um uns herum dunkel ist.
Gott wird uns reich machen, dann wenn wir ganz arm sind.

Und darauf dürfen wir uns mit ganzer Kraft verlassen. Und dieses Vertrauen ist tausendmal wertvoller als das dickste Sparschwein.

Amen.

Vorschlag für die Liturgie
Angelehnt an die abgeschlossene Kindergottesdienst-Einheit zu Wasser-Erde-Luft-Feuer wird anstelle einer Schriftlesung in diesem Gottesdienst zusammen mit Schulkindern folgende Dankmeditation gesprochen:

DANKMEDITATION

Pfarrer/in: Wir alle haben Grund, dankbar zu sein.
Wir alle zusammen – aber auch jeder für sich allein. Ganz persönliche Dinge, die ihn glücklich machen, und für die er Gott dankbar ist.
Den reichgeschmückten, bunten Altar vor Augen – in Gedanken aber auch unser ganz persönliches, reich gefülltes Leben – wollen wir heute Gott danken.

Gemeinde LIED
Danket, danket dem Herrn

Erde
Pfarrer/in: Wir danken dir Gott, dass du uns die Erde anvertraust hast.
1. Kind (braun gekleidet)
mit Brotlaib: Durch die Erde schenkst Du uns Getreide und Brot. Lässt Früchte und Gemüse wachsen in Mengen. Jeden Tag sitzen wir am gedeckten Tisch und werden alle satt.
2. Kind (braun gekleidet)
mit Blumenstrauß: Durch die Erde schenkst Du uns die bunten Blumen, die kräftigen Bäume und die vielen Tiere.
Gott, du hast diese Erde herrlich geschaffen.
Gemeinde LIED
Danket, danket dem Herrn

Feuer
Pfarrer/in: Wir danken dir Gott, dass du uns das Feuer anvertraust.
3. Kind (rot gekleidet)
mit brennender Kerze: Du schenkst uns Licht und Wärme. Alles Gaben des Feuers. Wie herrlich scheint Deine Sonne vom Himmel. Wie wohlig warm ist uns am Kamin, wenn wir frieren. Wie gemütlich ist das Licht einer Kerze in der Dunkelheit.
4. Kind (rot gekleidet)
mit rotem Papp-Herz: Durch die Kraft der Liebe schenkst Du uns auch Wärme im Herzen. Wie gut tut es uns, wenn uns ein Mensch lobt oder uns ein Kompliment macht, uns in Schutz nimmt und uns sagt: Ich hab Dich lieb.
Gott, Du hast diese Welt herrlich erschaffen.

Gemeinde LIED
Danket, danket dem Herrn

Wasser
Pfarrer/in: Wir danken dir Gott, dass du uns das Wasser anvertraust.
5. Kind (blau gekleidet)
mit Glaskrug Wasser: Du gibst uns frisches Wasser, damit wir trinken können, waschen, kühlen und erfrischen. Auch die Pflanzen und Tiere vergisst du nicht.
6. Kind (blau gekleidet)
mit Segelboot: Was wäre diese Welt ohne Dein Wasser? Wie herrlich sind Seen und Flüsse, wie erfrischend ein Wasserfall oder das kühle, weite Meer!
Gott, Du hast diese Welt herrlich erschaffen.

Gemeinde LIED
Danket, danket dem Herrn

Luft
Pfarrer/in: Wir danken dir Gott, dass du uns die Luft anvertraust.
7. Kind (weiß gekleidet)
Aufgeblasener Luftballon Wie oft wir ein- und ausatmen am Tag – kein Mensch zählt das. Es ist so selbstverständlich. Aber nicht eine Minute könnten wir leben ohne Luft.
8. Kind (weiß gekleidet)
Windrädchen Wie herrlich fühlt sich Wind an, der durch unsere Haare weht. Wie viele Windmühlen und Windräder drehen sich durch die Kraft des Windes. Und wie viele herrliche Düfte trägt er an unsere Nasen: Waldduft, Meeresduft oder den klaren Geruch des Winters.
Gott, Du hast diese Welt herrlich erschaffen.

Gemeinde: LIED:
Danket, danket dem Herrn

Weitere Liedvorschläge für diesen Gottesdienst:
EG 305,1-4: Singt das Lied der Freude über Gott
EG 321,1-3: Nun danket alle Gott
EG 324,1-6: Ich singe Dir mit Herz und Mund
EG 451,1-10: Mein erst Gefühl sei Preis und Dank
EG 508,1+4: Wir pflügen, und wir streuen

Dorothea Zager, Worms
E-Mail: DWZager@t-online.de


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