Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus
Christus. Amen.
Ich möchte Euch mit einer harten Erfahrung Eures Lebens konfrontieren:
Erinnert Ihr Euch noch an das letzte Mal, als Ihr morgens in den Spiegel
geguckt habt und dabei gedacht habt: ich kenn dich nicht, aber ich wasch
dich trotzdem?
Ich fang heute so an, nicht, um Euch eine Moralpredigt zu halten, natürlich
nicht, sondern um Euch von einer anderen wichtigen Erfahrung mit Eurem
Spiegelbild zu erzählen:
Dass nämlich, und das meine ich ganz ernst, wenn Ihr in den Spiegel
schaut, Euch immer wieder auch mal ein Engel anschaut.
Ich meine damit nicht irgendwelche netten Wesen neben oder hinter Euch,
nein, ich meine Euch selbst.
Ich bin tatsächlich der Überzeugung, dass Ihr, dass wir, dass
jeder von uns das zeug zu einem Engel hat. Und zwar nicht nur den, von
dem meine Mutter immer sagte, er hat dann ziemlich bald das berühmte
B davor, nein, von echten Engeln.
Und ich meine das auch nicht in erster Linie als Lob, so als könnte
ich mich bei Euch beliebt machen, wenn ich Euch alle als Engel bezeichne,
sondern ich meine es als Aufgabe:
In meinen Augen habt Ihr alle den Job, die Verantwortung, Engel zu sein,
und zwar an anderen Menschen.
Anders gesagt: Gott braucht Euch.
Ja, tatsächlich, jede und jeden von Euch, so, wie Ihr seid, da, wo
Ihr seid. Gott braucht, dass Ihr Euch schicken lasst von ihm, dass Ihr
helft, liebt, Verantwortung übernehmt, dass Ihr Respekt habt, tragen
helft, in Frieden lasst oder zum Frieden bringt.
Gott braucht Euch auf der Straße, in Häusern, am Arbeitsplatz,
in der Welt, in dieser konkreten, nach Engeln schreienden Welt.
Diese Welt schreit nach Engeln. Wenn Ihr die Augen und vor allem Ohren
aufmacht, hört Ihr das auch.
Und Gott will nicht, dass Ihr das überseht und überhört.
Er will nicht, dass Ihr handelt wie viele Menschen, die sich über
das Schreien der anderen den Mund zerreissen, oder abfällig reden,
oder weggucken und weghören. Gott will nicht, dass Ihr mit den Schlagzeilen
der berühmten Zeitung, die keiner kauft, aber alle lesen, Euch erhebt
über andere. Er will nicht, dass Ihr mit dem Finger zeigt oder vorbeifahrt.
Er will vor allem nicht, dass einer von Euch sagt "Selbst Schuld"
oder gar den ersten Stein hebt, um ihn dann auf andere zu werfen.
Gott geht es nicht um Schuld, nicht um Verurteilung, nicht um die Unterscheidung
zwischen den Guten und den Bösen, als wenn es die wirklich gäbe.
Gott geht es um Rettung, um Liebe, um Vergebung und um ein Leben, dass
bin in die Ewigkeit nicht aufhört.
Dafür braucht er Euch als Engel.
In der Bibel steht: Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten
auf allen deinen Wegen.
Das gilt Euch und es gilt zugleich für Euch.
Jesus, der dessen Auferstehung wir heute feiern, hat uns das alles vorgemacht.
Er war Mensch und zugleich Gottes Sohn. Er hat gefühlt und gelebt
wie wir und zugleich war er Engel und hat das leben zu den Menschen getragen.
Er hat nicht aufgegeben, auch wenn manches in seinem Leben danach aussah,
dass es besser wäre aufzugeben.
Er will durch sein Beispiel uns, Euch Mut machen, selber Engel zu sein.
Ich will Euch noch ein letztes Mal heute auffordern, in den Spiegel zu
schauen. keine Angst, nicht wieder mit so bedrückenden Erfahrung
wie an manchem Morgen im Bad. Sondern froh und mutig sollt Ihr alle mal
in die Rückspiegel Eurer Maschinen schauen. Schaut rein, auch wenn
das jetzt ein komisches Gefühl ist. Schaut rein, so, dass Ihr Euch
selbst seht. Und dann schaut auf die Engel Gottes, als die Gott Euch will
und braucht.
Und wenn Ihr dann auch noch andere Menschen in Euren Spiegeln entdeckt,
dann könnt Ihr spüren, dass Ihr nicht alleine seid. Viele sind
mit Euch auf dem Weg, nicht nur beim Gottesdienst in Husum, sondern auch
draußen auf den Straßen, im Alltag Eures Lebens, wo Ihr auch
seid. Und über all gilt Gottes Wort:
Werdet zu Engeln aneinander. Gott braucht Euch.
Amen.
Erich Faehling
E-Mail: KircheBokhorst@t-online.de
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