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Oculi, 3. März 2002
Predigt über 1. Könige 19, 1-8, verfaßt von Marlies Stähler |
Liebe Gemeinde, der Predigttext für den heutigen Sonntag Okuli steht im Zeichen
des Themas dieses Sonntags: Mit bewegenden Worten wird uns im 1. Buch Könige, Kapitel 19 Vers
1-8 folgende Begebenheit geschildert: Liebe Gemeinde, Elia ist auf der Flucht. Er fühlt sich bedroht. Isebel hat angedroht
ihn ermorden zu lassen. Der Seufzer, "so nimm nun Herr meine Seele, es ist genug, ich
will nicht mehr leben", Mir fallen spontan unterschiedliche Beispiele ein: 1. Ich sehe meine 95 jährige Großmutter vor mir liegen, die nach einem langen und aktiven Leben pflegebedürftig auf den ersehnten Tod wartet. Meine Großmutter ist eine gläubige Frau. Ganz selbstverständlich richtet auch Sie diese Bitte an Gott. 2. Da geht eine kleine Handwerksfirma in Konkurs. Schulden über Schulden türmen sich auf. Eigenes Versagen und die schwierige wirtschaftliche Situation haben die Situation herbeigeführt die da heißt Arbeitslosigkeit und Existenzangst. Die Erkenntnis "ich bin am Ende" und der Wunsch "ich will nicht mehr", sind nicht abwegig. Als Reaktion sind der Griff zur Flasche, Drogen oder ähnliches naheliegend. Der Konkurs wird abgewickelt und wer kümmert sich um die menschliche Tragödie? 3. Die Medien berichteten diese Woche über ein "Blutbad in Bayern". In meiner Tageszeitung war zu lesen: "Ein 22 Jahre alter Amokläufer tötet in Bayern drei Menschen - dann sprengt er sich selbst in die Luft". Dieser Gewaltausbruch hat mich sehr betroffen. Bei diesem jungen Mann haben sich nach Erkenntnis der Polizeipsychologen offenbar Angst, Eifersucht, Scham und Demütigung so lange aufgestaut, bis die Wut für ihn unbeherrschbar wurde und ihn zu dieser Wahnsinnstat trieb. Betrachtet man die Beispiele, so stellt man fest, dass es eine wesentliche
Gemeinsamkeit und einen wesentlichen Unterschied gibt. Im Falle meiner Großmutter sieht sich ein Mensch im Recht, seinem
Leiden ein Ende zu fordern. Im anderen Fall ist es die schiere Aussichtlosigkeit,
die sich mit Hoffnungslosigkeit verknüpft. Anders Elia. In dieser Lage wendet sich Elia ganz selbstverständlich an seinen Herrn, nicht mit der Bitte, die Bedrohung von ihm abzuwenden, sondern ihn sterben zu lassen. Er gibt sein Leben in Gottes Hände. Der Wunsch das Leben zu beenden, unterscheidet Elia weder von vielen verzweifelten Selbstmördern oder anderen am Leben verzagten Menschen, noch vom Amokläufer aus Freising. Elia gibt sich eine Schuld, die nur durch den Tod getilgt werden kann. Deshalb gibt er sein Leben in Gottes Hände, während die, die Gott nicht kennen bei sich selber bleiben. Diesen bleibt die Möglichkeit von Gott Hilfe und Rettung zu erfahren verborgen. In zugespitzter Variante werden unschuldige Mitmenschen für die eigene Hoffnungslosigkeit verantwortlich gemacht. Gott schickt nicht Tod, sondern Leben. Gott schickt einen Boten, der an Elia ganz praktisch handelt: er bringt ihm die Nahrungsmittel, die ihm in der Wüste das Überleben ermöglichen: Wasser und Brot. Elia stärkt sich. Er gewinnt seine körperlichen Kräfte zurück und im Vertrauen auf die Führung Gottes isst er, steht er auf und setzt erfrischt seinen Lebensweg fort. Er geht weiter. Sein Leben mit Gott ist noch nicht zu Ende. Bereitwillig lässt sich Elia führen. Hierbei macht Elia allerdings die Erfahrung, dass Gott anders an ihm handelt als er es sich gewünscht hätte. Kehren wir zurück zu unseren sehr unterschiedlichen Beispielen, die uns im Alltag begegnen. Schaue ich etwas genauer hin, so sehe ich, dass Gott auch meiner Großmutter nicht den ersehnten Tod schickt, stattdessen meiner Mutter die nötige Kraft gibt sie zu pflegen. Die Begegnung unseres kleinen Handwerkers mit Gott kenne ich nicht. Eine Begegnung des Amokläufers mit Gott nach der Tat in dieser Welt hat es vermutlich nicht mehr gegeben. Die Vorstellung Gott als Begleiter in der Abwendung von der Welt wurde
uns mit Elia gerade verwehrt. Öffnet eure Augen und seid bereit. Auf Gottes Hilfe hoffen heißt auch aus Verzweiflung geholt werden und sich in einen geschützten Raum begeben, der vor mancher Übeltat oder Kurzschlusshandlung bewahrt. Nach deiner Weisung sehne ich mich, mein Gott, Amen Dr. Marlies Stähler |
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