Göttinger Predigten im Internet
hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch
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Konfirmationspredigt April 2001
Psalm 31, 8+9

Wolfdietrich Rasp

Liebe Geschwister in Christus!

Du stellst meine Füße auf weiten Raum – dieses Wort, dieser Satz hat euch Konfis in den letzten Wochen unseres gemeinsamen Weges begleitet. Wir haben uns in Stuttgart darüber Gedanken gemacht, in den zwei Jahren unserer gemeinsamen Zeit sind Füße immer wieder aufgetaucht – nicht immer ist es dabei so fröhlich zugegangen wie bei der Abschlussfahrt.

Du stellst meine Füße auf weiten Raum – unser Wort hat ein Vorwort, es steht nicht allein in der Bibel. Es ist dem Psalm 31 entnommen und dort hat es ein Umfeld, die Verse 8 & 9 werde ich lesen:
Psalm 31, 8 & 9

Hinter dem Menschen, der diesen Psalm im Psalm betet liegen schwere Zeiten. Er spricht von Elend und Not, von seelischen Krisen und Verunsicherung, er spricht von Feinden, die ihn bedroht haben. Wir, liebe Gemeinde, wissen nicht um die konkrete Lebenslage damals. Dennoch können wir auch heute diese alten Worte nachbeten. Ich kann sie im Nachbeten zu meinen eigenen Worten machen. Damit stelle ich mich auf weiten Raum. Ich gewinne die Möglichkeit, in der Rückschau den Krisen in meinem Leben, der Trauer und den Schmerzen einen Namen zu geben. Meine eigene Geschichte, meine Verletzungen, meine Bedrohungen und Narben bekommen bei Gott Worte, einen Namen. All die belastenden Dinge werden so mit hinein genommen in die lange Liebesgeschichte Gottes mit seinen Menschen, mit mir.

Du stellst meine Füße auf weiten Raum – der betende Mensch bleibt nicht in der Rückschau stehen, er sieht nicht nur zurück auf die Wege durch die Dunkelheit, die nun hinter ihm, hinter ihr liegen. Jetzt kann er jubeln, jetzt kann sie sich freuen, kann Gottes Liebe und Güte, seine Huld preisen und sie dafür loben, dass ihre Füße jetzt auf weiten Raum gestellt sind. Sie kann die leichte Luft genießen, das Blau des Himmels und die Farben, die in der Sonne leuchten, die Wärme der Sonnenstrahlen. Vor ihr: Weite und offenes Land, fester Grund, um gut zu gehen, weiter zu gehen in die Zukunft, hinein in das Leben. Die Schatten der Vergangenheit bleiben, sie prägen aber nicht mehr die Wege in der Gegenwart und in der Zukunft.

Du stellst meine Füße auf weiten Raumdas könnt Ihr Jugendlichen für Euch nachsprechen. Eure Füße stehen auf weitem Raum, als Jugendliche in unserer Gesellschaft, als Erwachsene in unserer Kirche könnt Ihr Schritte tun, Räume und Möglichkeiten für Euch entdecken und dann annehmen und gestalten. Dabei werdet ihr sicher an Grenzen stoßen, merken, dass manche Räume anders aussehen als sie sind. Gottes Segen, den ich Euch gleich zusprechen darf, wird Euch begleiten. Er ist das Versprechen Gottes, das sie Dich immer nie im Stich lassen wird, im Elend, in der Not und im Angesicht von Feinden nicht – selbst wenn es mit unseren Augen betrachtet so scheinen mag.

Du stellst meine Füße auf weiten Raumwir sind gestellt, nicht hingelegt oder hingeworfen. Wir stehen auf unseren Füßen in der Welt – und auch vor Gott im Gebet. Füße sind unser Kontakt zur Erde, zum Boden und in den Füßen hat unser ganzer Körper, unsere Seele, unser Geist Kontakt zum Boden, zur Erde von der wir genommen sind, zu der wir werden. Ich wünsche euch Jugendlichen, dass Ihr Eure Füße entdeckt und nicht bloß versteckt. Und ich wünsche Euch, dass Ihr Eure Füße nicht zum treten, marschieren oder verletzen benutzt, sondern mit ihnen geht, tanzt, jubelt, streichelt, zärtlich seit zu Euren Nächsten und zur Schöpfung Gottes.

Du stellst meine Füße auf weiten Raum dieses Wort, diese Gewissheit gilt auch uns Eltern, Euch und Ihnen, den Großeltern, Patinnen und Paten, den Verwandten, Freundinnen und Freunden unserer Jugendlichen, gilt Euch, liebe Gemeinde. Auch Eure Füße sind in diesen weiten Raum des Lebens hineingestellt, selbst wenn Ihr mehr Schritte und Wege hinter euch habt als unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden, selbst wenn die dunklen Schatten der Not und Trauer bis in diesen Tag heute hineinreichen. Eure Füße sind auf den weiten Raum des Lebens gestellt, sie können Schritte gehen, die Euch weiter bringen, gehalten und getragen von Gottes Liebe und Güte, umgeben von seiner Huld. Dafür können wir Gott loben und preisen, Halleluja.

Wolfdietrich Rasp
E-Mail: ProtPfarramtBreitenbach@t-online.de


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