14. Sonntag nach Trinitatis, 16. September 2001
Genesis 28, 10-22, eine Predigt nach den Terroranschlägen in den USA,
verfaßt von Ulrich Nembach

Gebet: Ps 38 (EG 721)

Liebe Gemeinde,

am Dienstag war das meist gehörte Wort zu den Bildern des Grauens aus New York und Washington "Apokalypse".
In der Tat, solche Bilder des Grauens - gleich mehrere - kennt das letzte Buch der Bibel. Unser Alltag kennt solche Bilder nicht. Gott sei´s gedankt.
Es ist schon unfassbar, dass ein Mensch auf den Gedanken kommt, unschuldige Menschen mit Messer zu bedrohen, um sie so gefügig zu machen, um sie dann als Bombe benutzen zu können, um andere unschuldige Menschen zu töten. Nicht vorstellbar ist es, dass dieser Mensch seinen Gedanken zu einem Plan, einem teuflischen Plan, ausarbeitet, um diese Idee zu realisieren. Völlig unvorstellbar ist es, dass dieser Mensch andere Menschen gewinnt, überredet, dabei mitzumachen und dabei ihr eigenes Leben zu vernichten.
Dieses Unvorstellbare, Unvorstellbarere, Unvorstellbarste - unsere Sprache kennt nicht einmal diese Wortformen - ist Realität geworden. Wir wurden dessen Zeugen. Die Bilder kamen in unsere Wohnstuben, unsere Arbeitsplätze. Apokalypse, in der Tat.

Aber das letzte Buch der Bibel endet nicht mit solchen Schreckensbildern. Die Bibel ist nicht Hollywood. Die Bibel spielt nicht mit dem Grauen. Sie spielt auch nicht mit Menschen. Das letzte Wort hat Gott. Er greift ein. Er greift ein um der Menschen willen. Und es folgt ein wundervolles Bild. M.W. hat sich kein Maler daran getraut, dieses Bild nachzumalen: Gott wischt die Tränen von den Augen der Menschen (Apk. 21,4a).

Laßt uns beten: Ps. 23 (EG 711)

Gott handelt nicht nur in Zukunft. Dazu ein Blick zurück.
Im 1. Buch der Bibel wird von einer Begebenheit berichtet, an die ich jetzt denke. Sie erzählt, wie es oft in der Bibel geschieht, von zwei Brüdern. In diesem Fall hat ein Bruder seinen Bruder betrogen. Die eigene Mutter half dabei. Nun ist der Bruder auf der Flucht - aus gutem Grund, sehr gutem Grund. In dieser Situation passiert etwas Außergewöhnliches, völlig Außergewöhnliches. Er wird müde - soweit ist noch alles klar, verständlich. Er kann nicht weiter. Er schläft ein auf freiem Feld.

Da, da, wo er nun am Ende ist, greift Gott ein.Gott läßt ihn auch ihn nicht allein. Gott wählt einen ungewöhnlichen Weg. Gottes Klavier hat eben mehr Tasten als unsere. Gott wählt einen Traum. Seit Sigmund Freud wissen wir um die Bedeutung von Träumen. Allerdings beschränkt Freud seine Arbeit an Träumen auf die Welt, unseren Alltag, besonders den der Kindheit. Gott aber ist auch hier nicht an Grenzen gebunden. Sein Klavier hat eben mehr Tasten.

Jakob, so heißt der Betrüger, darf den Himmel offen sehen, ja, er darf eine Leiter von seinem Schlafplatz zum Himmel schauen, und sogar Gott selbst darf er erblicken. Gott setzt dann noch eins drauf - ich habe keine andere sprachliche Steigerungsmöglichkeit; unsere Sprache kennt nur 3 Formen: schön, schöner, am schönsten. Aber Gott setzt noch eins drauf: Er verheißt Jakob Gutes. Er segnet Jakob und dessen Nachkommen, wenn auch Jakob zuvor noch harte Zeiten durchstehen muß. Auch wird er sich mit seinem Bruder versöhnen. Der Text, er steht wie gesagt im 1. Buch der Bibel, Gen 28, 10-22. Es ist der für den nächsten Sonntag vorgeschlagene Predigttext. Zufall?

Verlesung von Gen. 28,10-22.

Wir beten zu Gott, wie uns sein Sohn, unser Herr, selbst gelehrt hat: Vater-unser...

Amen

Lied: EG 303,1-3

Prof. Dr. Dr. Ulrich Nembach
unembac@gwdg.de