Göttinger Predigten im Internet
hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch
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Quasimodogeniti, 22.4.2001
Predigt über Markus 16, 9-20 , verfaßt von Jürgen Berghaus

Liebe Gemeinde !

Quasimodogeniti - wie neugeboren : so lautet der traditionelle Name des heutigen ersten Sonntags nach Ostern. Wie neugeboren war Christus damals, als er am dritten Tag nach seinem Kreuzestod von Gott auferweckt wurde. Wie neugeboren sollten auch wir Christen sein, wenn wir die lebendig machende Botschaft von der Auferstehung hören.

Unser Predigttext jedoch redet zurückhaltender von der Wirkung der Auferstehungsbotschaft. Wohl nicht ohne Grund, denn dieser Schluß des Markusevangeliums wurde erst nachträglich angehängt - und er zeigt, welche Hoffnungen, aber auch welche Schwierigkeiten damals aus der Auferstehungsbotschaft erwuchsen.

Für viele Christen im 21. Jahrhundert ist der zeitliche Abstand von den Osterereignissen in Jerusalem ein großes Problem : Wir kennen Jesus nicht persönlich, uns ist der Auferstandene nicht erschienen - ein direkter Zugang zur Auferstehungsbotschaft ist daher nicht möglich.Doch dieses Problem kannten schon jene Christen im 2. Jh., die den Schluß des Mk-Ev formulierten. Ihre Antwort : die bleibende Erinnerung an die Zeugen der Auferstehung. Maria von Magdala, zwei Jünger unterwegs und schließlich der gesamte Jüngerkreis - diesen Zeugen ist der Auferstandene begegnet; das reicht aus zur Vergewisserung des christlichen Glaubens. Wenn diese Zeugen nicht wären, so bliebe die Auferstehung Jesu nur eine fleischlose Idee ohne Wirklichkeitsgehalt. Die Zeugen des Auferstandenen jedoch machen aus der Idee ein Ereignis, aus dem Gedanken eine Tat und aus der Hoffnung das Geschehene.

1. UNGLAUBE IST MENSCHLICH

Daß die Auferstehung Jesu Christi eher Ablehnung als Zustimmung erfährt, ist nicht bloß ein neuzeitliches Phänomen. Gewiß, wir aufgeklärten Menschen pflegen hinter die Dinge zu schauen und tun uns wohl besonders schwer damit, ein Handeln Gottes in unserer Welt zu akzeptieren, daß alle Gesetzmäßigkeiten und Erfahrungswerte sprengt. Unser logisches Denken kann dieses Ereignis nicht in den Griff kriegen. Wer also seinen Glauben an einsichtiger Erklärbarkeit festmacht, wird der Auferstehung Jesu nur mit Unglauben begegnen.

Unglaube ist menschlich, liebe Gemeinde, denn wir alle verlassen uns doch gern auf das Normale. Wenn in unserem Alltag etwas völlig Neues und unerwartet Fremdes passiert, dann wehren wir es ab : Das gibt´s doch gar nicht, da ist einfach unglaublich ! Wer rechnet schon ernsthaft damit, daß Gott derart machtvoll in den Lauf unserer Welt eingreift und ihren gewohnten Gang aus der Bahn bringt? Unglaube ist menschlich, weil die Auferweckung Jesu jedes Verstehenwollen übersteigt.

Selbst Jesu Jünger waren zunächst einmal ungläubig, als sie damals diese Botschaft hörten. Kein Wunder also, wenn auch uns manchmal der Zweifel packt an Jesu Auferstehung, die doch eigentlich im Zentrum des Glaubens stehen sollte. Unglaube ist menschlich, und wir sind keine Übermenschen !

2. WAS JESUS SEINEN JÜNGERN SAGT

Als der auferstandene Jesus nach unserem Predigttext in den Jüngerkreis tritt, fängt er an zu schimpfen: „Er schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte“, heißt es wörtlich. Unglaube ist zwar menschlich - dennoch sollte es unter Christen nicht dabei bleiben. „Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden“, sagt der Auferstandene in kaum zu überbietender Schärfe.

Auf den Glauben kommt es an, wenn wir uns Christen nennen in der Nachfolge Jesu. Mein Glaube läßt erkennen, wieweit ich offen bin für Gottes Handeln in dieser Welt und in meinem Leben. Lasse ich wirklich Gott meinen Herrn sein, oder habe ich nicht schon längst anderen Menschen, Ideen oder Gewalten den bestimmenden Platz in meinem Herzen eingeräumt ?

Nun ist der Glaube aber nichts, was von mir im Sinne einer Leistung zu erbringen wäre. Der Glaube hat vielmehr einen sonderbar passiven Charakter : Ich stelle mein eigenes Können, Wissen oder Tun zurück, um mit allen Sinnen dem Wirken Gottes nachzuspüren. Rechter Glaube kann wachsen, wenn ich den Zeugen der Auferstehung Vertrauen schenke und ihre Botschaft zu Herzen nehme. „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden“, hat der Auferstandene seinen Nachfolgern verheißen

Liebe Gemeinde, ist es nicht erstaunlich, daß ausgerechnet den zweifelnden Jüngern ein umfassender Missionsbefehl gegeben wird : „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.“ Damit werden Menschen beauftragt, die eben erst des Unglaubens überführt wurden. Die Gültigkeit der verkündeten Botschaft hängt also nicht von der Glaubensfestigkeit ihrer Boten ab. Ich muß mich nicht durch fromme Taten qualifizieren, sondern mit all meinen Zweifeln, Fehlern und Unfertigkeiten werde ich und werden wir alle in den Dienst am Evangelium berufen. Von Gottes Handeln in dieser Welt soll jeder Christ erzählen können - mit eigenen Worten im jeweils alltäglichen Umfeld !

3. DIE MACHT DER AUFERSTEHUNG

Liebe Gemeinde, in den letzten Versen unseres Predigttextes ist von Zeichen die Rede, die den Glaubenden folgen werden : Geisteraustreibung, Zungenreden, Krankenheilung und anderes mehr. Bei genauerem Hinsehen ergibt sich : Die genannten Zeichen sind keine Zauber-Kunststücke, die zu vollbringen Glaubende befähigt wären. Die Zeichen folgen vielmehr den Gläubigen nach, sie hängen sich sozusagen an ihre Fersen - Wunderbares erwächst aus der Botschaft, die gläubige Christen verkünden sollen.

Jene Zeichen verweisen auf die Macht der Auferstehung - mit ihrer Kraft hat Jesus die Mauer des Todes überwunden, und sie reicht weit hinein auch in unser Leben mit allen Nöten und Ängsten, Dunkelheiten und Sackgassen. Die Macht der Auferstehung hat damals ihre Kraft bewiesen, als Jesus von den Toten auferweckt wurde; und sie leistet auch heute noch Widerstand, wo der Tod nach dem Leben greift, wo gelingendes Leben behindert oder vernichtet wird, wo fremde Gewalten uns ihre eigenmächtigen Wege aufzwingen wollen.

Geisteraustreibung heute - das könnte bedeuten, inmiten des pluralistischen Wiirrwarrs unterschiedlicher Meinungen und Lebensstile ein offenes Herz zu bekommen für Gottes Willen und Wirken. Zungenreden heute - damit könnte gemeint sein, abweichend von den ausgetretenen Pfaden neue Gedanken, Worte und Taten zu finden, um Gottes Gegenwart glaubwürdig weiterzusagen. Krankenheilung heute - dazu haben neben den Medizinern auch wir Christen Auftrag und Berufung; manchmal können hier schon ein paar freundliche Worte und eine liebevolle Geste viel erreichen.

Liebe Gemeinde, die Macht der Auferstehung hat auch in unserer Zeit ihre Kraft nicht verloren. Sie wird uns stärken, wenn wir den allzu menschlichen Unglauben hinter uns lassen wollen und tastende Schritte wagen auf dem Weg des Glaubens. Daß Jesus Christus auferstanden ist, wie es die ersten Zeugen berichten, das sollte uns Mut machen, dieser Mact der Auferstehung zu trauen, die uns von innen her erneuern will.

Amen.

Pfarrer Jürgen Berghaus
51377 Leverkusen-Manfort
Scharnhorststraße 38
Tel./Fax : 0214 / 8707091
http://www.kirche-manfort.de


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