Göttinger Predigten im Internet hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch |
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Predigt im
Gottesdienst am Vorabend der Konfirmation Frühjahr 2000 Ele Brusermann |
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und Jesus Christus unserem Bruder. Amen. Liebe Konfirmationsfamilien, liebe Gemeinde! Wie feiert man eigentlich ein christliches Fest? Klar, da gab es so typische, traditionelle Dinge vorzubereiten.
Wahl eines Essens, zu Hause oder im Gasthaus, die Kleidung war auch so ein
Thema. Macht man das eigentlich noch mit dem Tüchlein im Gesangbuch und
den Maiglöckchen? wurde ich häufig gefragt. Oder die Einladung: wie
gestalte ich eine Einladung zur Konfirmation? Gibt es christliche Symbole die
ich nutzen möchte? Eines ist, finde ich ganz wichtig: nämlich dass wir es jetzt
beginnen. Dass christliche Feste am Abend beginnen, zumindest für den
inneren Kreis, die Insider, die Jünger damals, und uns heute, hat mit der
jüdischen Tradition zu tun. In dieser Tradition sind die christlichen Feste im Ursprung gefeiert worden, und feiern wir heute unsere Konfirmation. Jetzt beginnt sie mit dem Abendmahl im inneren familiären Kreis - morgen früh der öffentliche Höhepunkt - und morgen Abend wird sie bei den meisten auch beendet sein, sitzt man wieder im kleinen Kreis zusammen. Mit den Wurzeln unseres christlichen Glaubens in der
jüdischen Tradition haben auch die Steine zu tun, die am Eingang der
Kirche im Weg lagen! Und das hat unseren Konfirmandenkurs in ganz besonderer Weise und stärker als in anderen Jahren geprägt: Ihr habt eure Individualität sehr stark eingebracht. Da sind die Eigenarten und Eigenheiten manchmal ganz schön aufeinandergeprallt, steinhart. Manch einer ist dem Anderen zum Stein des Anstoßes geworden, und so war denn unser Weg auch immer wieder ganz schön steinig. Letztes Jahr auf einen Reise in Israel sind meine Frau und ich
auch immer wieder auf Steine gestoßen. Für Juden ist es eine
Tradition bei einem Besuch an einem Ort des Gedenkens, einem Grab auf dem
Friedhof oder einem Mahnmal einen kleinen Stein niederzulegen. In der ersten Zeit unseres Kurses haben wir eine Geschichte von
Jesus nachgespielt: Eine Geschichte, die Gefühle frei macht, weil wir
spüren, wie es plötzlich nicht mehr um das Problem Ehebruch geht,
sondern viel grundsätzlicher und zugleich hautnäher um die Frage, wie
wir mit Schuld und Versagen von uns und anderen umgehen. Jesus läßt sich nicht ein auf dieses miese Spiel, in das wir ganz leicht geraten. Er fängt keinen Streit an sondern gibt Zeit zum Nachdenken, jeder über seine Schuld, und es wird möglich, das jeder sich seine Schuld eingestehen kann, ohne sein Gesicht zu verlieren, und es fliegt kein einziger Stein. Und als alle weg sind, kein Finger mehr auf die Frau zeigt, kein gehässiges Geschwätz mehr, da kann die Sache mit ihr beredet werden, miteinander bereinigt. Da hört bei aller Liebe die Liebe nicht auf, sondern kommt es trotz Schuld zur Vergebung, die einen neuen Anfang möglich macht, der immer noch schwer genug bleibt. Ihr habt euch sehr gute - und vor allem sehr persönliche Bibelsprüche zu eurer Konfirmation gewählt. Das wird aus den Begründungen euer Wahl deutlich. Einen möchte ich vorlesen, nicht weil er irgendwie besser ist, sondern hier so gut herpasst: Gott spricht: Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünde wie den Nebel. Kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich! ( Jes. 44,22) Die Begründung der Wahl: Wenn man sich diesen Spruch durchliest, regt er einen zum Denken an und man stellt sich vor, wie Gott diese ganze Wolke auflöst und man ist wieder befreit. Der Spruch hat einen geheimnisvollen Touch, er steht in meinen Augen für Hintergrund, Wahrheit und Tiefe. Wir haben einen Stein vor uns, einen ganz persönlichen. Ist
er als Waffe gegen andere begehrt, oder ein Symbol eigener Last und
Fehlerhaftigkeit? Ich möchte gerne, das wir nachher zum Abendmahl unsere
Steine mit nach vorne bringen und hier auf den Boden legen, am besten in der
Form eines Kreuzes. Miteinander Abendmahl feiern heißt: Miteinander leben,
befreit von dem was oft zwischen uns steht. Auch ein Neuanfang ist möglich
mit Gott und mit unseren Mitmenschen. Und dann ist eine Kirche nicht ein
Gebäude aus alten Steinen, sondern ein Ort der Begegnung von Menschen, ein
Platz, wo man etwas los werden kann, ein Gasthaus - für fröhliche
Leute. (Titelbild des Liedblattes) Pastor Ele Brusermann, Schulstr. 1, 28844
Weyhe - Leeste Die Predigt wurde am Vorabend der Konfirmation am 20.5.2000 in Leeste gehalten. Sie entstand mit Verwendung des Beitrags Wer nimmt den ersten Stein ? von Hans H. Reimer in: Arbeitsbuch Gottesdienst Gütersloh 1990 Seite 153 ff. |
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